Voller Spannung warten wir am Morgen, ob es wohl Marcie hinbekommt noch
einen Pressetermin vor Burning Spears Weiterreise zu arrangieren.
Irgendwann ist aber das gestern anvisierte Zeitfenster verstrichen, so
dass wir das Thema schon innerlich abgehakt haben. Also geht es
entspannt in den weiteren Tagesablauf und wir folgen mit ein paar
Freunden der Einladung unseres Gastgebers zu einem schönen
Frühstück, was von der Zeit her fast als Mittagessen
gelten könnte. Während wir uns durch zahlreiche
Themen plaudern, klingelt mein Handy weitab und ungehört in
einem anderen Raum.
Nach dem Essen läuft es mir heiß
und kalt über den Rücken. Das Handy zeigt einen
entgangenen Anruf von "Sheriff" an. Verdammter Mist! Ich weiß
sofort, was das bedeutet, ... wir haben Burning Spear und damit unser
wichtigstes persönliches Ziel des Festivals verpasst. :'-( Ob
diese Chance jemals wiederkommt?
Ganjamans
traditionelle Frühstücksshow, die immer jeden Samstag
stattfindet, haben wir heute ausgespart und erreichen die
Bühnen
erst zum Auftritt von Inti & The Reggae Rockers. Voriges Jahr
haben
wir Inti noch als einen der Sänger von der vielversprechenden
Band Memoria beim Reggae Jam gesehen. Heute nun präsentiert
Inti
mit den Reggae Rockers sein Soloprojekt. Sein Bruder Chaski, der neben
Inti ebenfalls ein Gründungsmitglied von Memoria war, probiert
sich ebenfalls an einem Soloprojekt, sitzt heute aber an den Drums.
Inti hat erst vor wenigen Wochen sein Debutalbum "Inti"
veröffentlicht.
Ganjaman lässt es sich natürlich nicht nehmen, der
wie schon bei Memoria auch bei Inti seine Finger mit im Spiel hatte,
kurz auf der Bühne zu erscheinen. Und wie schon bei Memoria,
ist natürlich Inti eines seiner persönlichen
Highlights des Festivals.
Ganjaman geht sogar noch einen Schritt weiter und würde "Inti"
den Titel "Album des Jahres" verleihen. Das Album ist aber auch
wirklich eine hervorragende Leistung, wie auch die heutige Show. Als
Zugabe gibt's dann auch noch mit "Free Up Di Ganja" einen kraftvollen
Song mit Ras Pyton, der noch nicht einmal auf dem Longplayer gelandet
ist.
Live Video:
Inti - Ungrateful + Let Me Love You + Free Up Di Ganja feat. Ras Pyton
Die Reggae Rockers bestehen aus folgenden Musikern: Lead Vocals -
INTI.memoria, Drums & Vocals - Chaski,
Bass - Rafael Tobias Tobar Gehrke,
Guitar - Leo Gonzalez,
Keys - .MLND.
Soweit ein paar Eindrücke von Inti, dessen Soloprojekt mich
ehrlich gesagt musikalisch mehr beeindruckt, als jenes von Memoria.
Ein weiteres
vergängliches Kunstwerk von Luigi Stinga.
Die
nächste Show gehört Chester Miller aka Chester
"Chess" Miller und der Next Generation Family. Der Sänger
stammt ursprünglich aus Mandeville, Jamaica, und
lebt heute in Toronto. Er hat sich zur Aufgabe gemacht das
Erbe von Dennis Brown am Leben zu erhalten. Da hat er echt viel zu tun,
denn die Veröffentlichungen von Dennis Brown, dem Kronprinzen
des Reggae, sind kaum zu zählen. Immerhin ist er der am besten
geeignete Mann dafür, denn mit seiner Stimme, dem Aussehen und
seiner Aura, kommt er Dennis Brown sehr nahe.
Zudem wurde Chester Miller in jungen Jahren von Dennis Brown unter
anderem ins Studio und zu Konzerten mitgenommen, was im Nachhinein der
Gerüchteküche viel Nahrung bot. Viele gehen deshalb
davon aus, dass Dennis Brown der Vater von Chester Miller sein
könnte. Dennis Brown können wir leider nicht mehr
fragen, und Chester Miller weiß es nicht. Mit Songs wie
"Money In My Pocket", "Wolf & Leopards", "Here I
Come" und vielen anderen, schafft er uns jedenfalls eine perfekte
Illusion und bringt uns in die Zeit von Dennis Brown zurück.
Leider war es uns nie vergönnt, Dennis Brown selbst zu erleben.
Chester Miller begann im Alter von 16 Jahren zu singen, hatte aber
ursprünglich nicht die Absicht gehabt, sich auf das Erbe von
Dennis Brown zu konzentrieren. Erst als ihn Freunde wegen seiner
Ähnlichkeit in Stimme und Aussehen dazu
drängten, begann er in den späten 80er Jahren mehr
und mehr die Songs von Dennis Brown zu singen.
Inzwischen hat Chester Miller mehrere Canadian Reggae Music Awards
abgeräumt.
Seine Auftritte auf Dennis Brown Tribute Konzerten sind für
die Fans von Dennis Brown immer ein Höhepunkt der
Veranstaltung.
Live Vieo:
Chester Miller & The Next Generation Family - Chester Miller
sings Dennis Brown
Die nächste Show mit dem New York Ska Jazz Ensemble, opfern
wir nach ein paar Minuten des Probehörens und schauen mal, was
im Backstage so geht. Vielleicht schaffen wir ja noch ein
Stück zu sehen, wenn wir zurückkommen. Immerhin ist
auch Kevin Batchelor mit bei der Truppe, den wir schon von den
Skatalites her kennen und auch schon als Special Guest bei Yellow
Umbrella gesehen haben.
Uwe Banton
& Ganjaman
Wir treffen noch einmal Chester Miller und fragen ihn was er denn von
den Gerüchten hält, dass er vielleicht der Sohn von
Dennis Brown sei. Immerhin dachte das ja sogar schon ein Teil der
Familie von Dennis Brown. "Das sind nur Gerüchte. Ich glaube
nicht daran.", so Chester Miller. Aber egal, unglücklich
scheint er damit jedenfalls nicht zu sein, und ... es dient ja der
Sache.
Und da wir "Money In My Pocket" nicht mitschneiden konnten, weil es
völlig unerwartet gleich am Anfang seiner Show kam,
wünschen wir uns jetzt noch einmal ein Stück davon.
Live Video:
Chester Miller - Money In My Pocket for reggaestory.de
Jetzt
müssen wir uns aber langsam beeilen, um von der
nächsten Show nichts zu verpassen.
Nachdem Roughhouse
im vorigen Jahr nur die Reservebank drücken durfte, kehrt er
heute live auf die Bühne des Reggae Jam zurück. Das
wird aber auch Zeit. Zuletzt haben wir ihn vor 10 Jahren hier in Aktion
gesehen, zumindest was den Gesang betrifft. Seine Rückkehr
könnte nicht besser gewählt sein, denn genau
heute ist das Release Datum seines neuen Longplayers "Changes". Da sind
wir natürlich echt gespannt, was es so an neuem Material zu
hören gibt.
Keith Powell Junior aka Roughhouse wurde 1974 in Manchester (Jamaica)
geboren. Sein Vater Keith Powell Senior spielte Gitarre bei
Reggae-Legenden wie Dennis Brown, Llloyd Parks und anderen. So hatte
Keith Junior schon früh das richtige Umfeld, um sich
infizieren zu lassen. Mit 12 Jahren lernte er von seinem Vater
Bass zu spielen. Später lernte er noch selbständig
Gitarre und Schlagzeug zu spielen.
1997 begab sich Roughhouse auf eine Urlaubsriese nach Deutschland,
lernte Patrice kennen und hatte durch die Zusammenarbeit mit ihm die
Möglichkeit, mit zahlreichen Musikern zusammenzuarbeiten.
Roughhouse ließ sich in Deutschland nieder und begann in
dieser Zeit auch seine Gesangsstimme zu entdecken und stetig
weiterzuentwickeln. 2006 veröffentlicht er
schließlich sein Debutalbum "My Intention" und 2012 sein
Zweitling "Love Divine". Bis heute sind mit "Take A Look", "Peace
& Inspiration" und "Changes" drei weitere Alben gefolgt. Sein
experimentelles 2008er Projekt "Rhaatid" mit dem namensgleichen Album,
zählen wir dabei einmal nicht mit, da dort Roughhouse eine
andere Richtung verfolgt hat und diese in der Reggae Community nicht so
recht angekommen ist.
Neben seiner Gesangskarriere, wird natürlich seine Bassgitarre
nicht vernachlässigt. So sehen wir ihn auch immer wieder bei
den verschiedensten Bands als Musiker auf der Bühne stehen.
Bei guten Freunden wie Jamaica Papa Curvin und anderen, spielt er auch
noch gerne die Percussion.
Live Video:
Roughhouse - Man From Alkebulan + Dancehalleinlage feat. Anthony Locks
und DJ Little Pinch + Rastaman
Beste Songs der Show waren meiner Meinung nach "Rise And Shine", "Man
From Alkebulan" und "Rastaman", wobei "Man From Alkebulan" auch der
herausragende Song auf seinem neuen Longplayer "Changes" ist. Heute
ganz grandios von den Musikern umgesetzt. Allerdings sehr schade
für Roughhouse war, dass wieder einmal
die Bässe total übersteuert waren, was den
Musikgenuss doch sehr einschränkte. Warum passiert das nur
immer wieder?
Von
"Germaica" kommen wir nun nach "Senemerika", denn wie Roughhouse ist
auch Meta Dia in zwei Staaten zuhause. Dereinst im Senegal geboren,
aufgewachsen und musikalisch etabliert, lebt er inzwischen seit
über 20 Jahren in den USA. Mit seiner in der Folge in New York
gegründeten Band Meta & The Cornerstones hat er
inzwischen
fünf hervorragende Alben
veröffentlicht. Der bisher letzte Longplayer ist
"DIA" aus dem Jahr 2021. Dazu findet ihr einen
ausführlichen zweisprachigen Artikel von Werner Zips auf
dieser Seite: Meta
Dia - Globaler Nomade mit universeller Botschaft.
Meta Dia & The Cornerstones waren zuletzt vor 8 Jahren beim
Reggae Jam und seitdem sind mit dem 2017er "Hira" und dem noch
aktuellem "DIA" zwei bemerkenswerte Alben hinzugekommen.
Dementsprechend gibt es auch in der heutigen Show einige neue Songs zu
hören. Ein paar andere Ecksteine stehen meiner Meinung nach
auch auf der Bühne. Das sieht für mich nach
völliger Neuvermessung aus.
Die Dreads von Meta Dia sind über die Jahre so lang geworden,
dass sie schon fast die Bühnenplanken berühren, und
da hat
er schon eine überdurchschnittliche
Körpergröße und seine Strickmütze
sieht immer noch gut gefüllt aus. Da stecken also immer noch
so einige Zentimeter an Reserve drin.
Wer sich näher mit Meta Dia auseinandersetzen möchte,
kann neben dem anfangs erwähnten Artikel von Werner Zips, den Festivalbericht
von 2015 noch einmal aufrufen. Dort haben wir uns
ausführlich mit seiner Biography befasst.
Dem Charisma von Meta Dia und seinen Hits wie "Tijahni", "Cornerstone",
"Conqueror", "Hira" und vielen anderen, kann man sich kaum entziehen.
Auch der Sound der Band ist vortrefflich und erinnert mich bei
einzelnen Passagen an das Klangbild der Wailers. Und das Beste von
allem ist, dass alle Instrumente gut ausgewogen sind und nix
übersteuert ist. Vielen Dank an die Technik!
Live Video:
Meta Dia & The Cornerstones - Tijahni + Cornerstone + Loneliest
People + ...
Und
wieder ist ein Höhepunkt des Festivals zu Ende gegangen, von
denen uns aber noch so einige bevorstehen.
Der nächste Auftritt gehört einem ganz besonderen
Mann, dem Mann der als Jamaikaner den Reggae in Deutschland auf die
Sprünge geholfen hat. Nach vielen Jahren des Ausharrens in der
deutschen Kälte, genießt er nun seinen Lebensabend
wieder in der Wärme Jamaikas. Heute ist er mit seinen 80
Jahren noch einmal für ein letztes Konzert nach
Bersenbrück zurückgekehrt.
Da ist Dabeisein natürlich Pflicht. Wir
begrüßen Curvin Merchant aka Jamaica
Papa Curvin.
Auf dem Reggae Jam war Papa Curvin zuletzt im Jahr 2013. Dies im Rahmen
einer Nyabinghi Show, unterstützt von Roughhouse und Anthony
Locks. Beide Künstler sind heute auch wieder mit im Boot.
Allerdings gibt es dieses Mal das volle musikalische Aufgebot. Mit auf
der
Bühne steht auch seine Tochter als Backgrundsängerin.
Wir
sind uns erst nicht sicher, aber als er sie vorstellt, nachdem er sie
geküsst hat, ist es amtlich. Wie wir ärgerlicher
Weise erst später erfahren, stand auch sein Sohn Patrick
(P.A.T)
als Fahnenschwenker auf der Bühne. Wir haben ihn viele Jahre
nicht gesehen. Er hatte sich lange Zeit völlig aus der Szene
zurückgezogen, obwohl er so ein genialer Performer ist und
sogar schon bei den Wailers gesungen hat. Wir wären
nicht im
Geringsten darauf gekommen, dass er es sein könnte.
Live Video:
Jamaica Papa Curvin - Come Together + Bow Down + ...
Auch wenn Papa Curvin's letzte Show auf dem Reggae Jam schon 10 Jahre
zurückliegt, lebt seine von ihm in Hamburg ins Leben gerufene
X-Mas
Reggae Show weiter. Da er lange Zeit in
Hamburg gelebt hat, befindet sich auch ein Teil seiner Familie dort. So
war das traditionelle Christmas Reggae Event immer der rechte Anlass
Musik und Familie unter einen Hut zu bringen. Ob er künftig
noch einmal daran teilnehmen wird, ist ungewiss.
Also macht es umgekehrt und besucht Jamaica Papa Curvin in seiner
schönen Pension
auf Jamaica.
Wir hatten dereinst in 2008 die Anfänge der Pension und
Errichtung seines Asset Studios auf seinem Grundstück in
Oracabessa ansehen dürfen. Inzwischen ist der Pensionsbetrieb
ein florierendes Geschäft geworden und man muss sich
rechtzeitig anmelden, wenn man dort einkehren möchte.
Ganz klar, dass wir heute nach seinem Abschiedskonzert noch einmal kurz
mit ihm quatschen möchten. Papa Curvin sagt uns, wo wir ihn
finden können. Wir sollen ihm einfach nach ein paar Minuten
der Pause folgen.
Mit Wehmut
betrachtet Papa Curvin die Bilder, als wir ihn damals noch zusammen mit
John Holt und U-Roy fotografieren konnten.
Weitere Informationen zu Papa Curvin, soweit ihr nicht schon im
Bilde seid, könnt ihr im Interview
von Munchy hören. Unter anderem was er mit Boney M und Frank
Farian zu tun hatte, was er seit 1965 in Deutschland gemacht hat, wie
es mit seiner Pension in Jamaica so läuft, wo der Papa in
seinem Künstlernamen herkommt und dass er gerade
an einem Buch über sich schreibt. 50% sind schon fertig. Wir
freuen uns schon jetzt auf die künftige
Veröffentlichung!
Tolle
Strümpfe übrigens
Roughhouse
& Anthony Locks
Während
unseres Besuchs bei Jamaica Papa Curvin läuft gerade das
Konzert von Jahneration, ein HipHop-Duo aus Frankreich. Sie kombinieren
ihre Musik mit Reggae-, Dub- und Elektronikelementen. Das passt perfekt
für unsere Pause, die wir noch ein wenig mit einem Imbiss
verlängern. Danach werden wir keine Gelegenheit mehr haben
bzw. uns keine Zeit mehr nehmen wollen, irgendeinen der nachfolgenden
Artists für einen Kaffee zu opfern. So kommen wir also
gerade recht,
als der nächst Punkt der Running Order mit Cali P aka Lyrical
Faya beginnt.
Zunächst schauen wir ein wenig aus der Ferne und denken an
eine
Änderung der Running Order, da der Sänger der dort
auf der
Bühne steht, keine Dreadlocks hat. Damit hatte ja Cali
P immer
die tollsten Frisuren präsentiert. Letztendlich wird uns aber
klar, dass es tatsächlich Cali P ist. Die Sache mit den
"verlorenen" Dreads scheint immer mehr Künstler zu erwischen
(Mellow Mark, Jahcoustix, Sebastian Sturm, Jah Sun, ...). Obwohl ich
selbst keine Dreadlocks habe, bin ich ein großer Fan davon
und muss mich an den
neuen Anblick erst einmal gewöhnen.
Interessanter
Anzug!
Genau wie bei Meta Dia liegt es bei Cali P ebenfalls 8 Jahre
zurück, als er hier seinen letzten Auftritt hatte. Man will es
immer kaum glauben, wenn man nach einem Rückblick solche
Zeiträume erkennen muss, aber die zum Glück an
Vielzahl der zur Verfügung stehenden Künstler, gibt
oft wenig Raum für kürzere Abstände.
Vermutlich möchte das auch gar keiner. Allerdings hat die
Corona-Pandemie einen nicht unwesentlichen Beitrag an diesen
Zeitspannen verursacht.
Als Backing Band wird Cali P von der Tuff Sound Band
unterstützt, die in wesentlichen Teilen schon bei Meta Dia auf
der Bühne gestanden hat. Darüber hinaus spielt sein
Vater Jean Pierre Nanon alias Jah Ka, an den Percussions. Jah Ka stammt
von der karibischen Insel Guadeloupe, wo auch Cali P 1985 geboren
wurde. Heute lebt die Familie in der Schweiz, da seine Mutter aus der
Schweiz kommt.
Was bei Pierre Nanon Junior im Alter von drei Jahren mit einem
Schlagzeug begann, hat sich letztendlich im Laufe der Jahre zu einem
international bekannten Teil der Reggae-Szene entwickelt. Sein
Debutalbum "Lyrical Faya" wurde im Jahr 2008 veröffentlicht
und aktuell liegt das im Jahr 2022 erschienene und auf drei Platten
aufgeteilte "Vizion", eine Zusammenarbeit mit dem deutschen Reggae- und
Dancehall-Produzenten Teka, vor. Als digitale Veröffentlichung
liegt das Werk schon seit 2021 vor, beschränkt sich allerdings
nur auf die Plattenseiten A-C. Ein Teil der noch fehlenden
Stücke wurde dann noch als „Cali P feat. Teka
– Vizion Remixes“, ebenfalls digital, in 2022
nachgelegt.
Live Vieo:
Cali P & The Tuff Sound Band
Das Wetter sieht wieder etwas unbeständig aus und mit Sorge
beobachten wir den Zug der Wolken. Das Konzert von Cali P ist aber zum
Glück nur mit wenigen Regentropfen behelligt worden. Wenn es
nicht schlechter wird, können wir ganz zufrieden sein.
Nächster
Act ist der mit Spannung erwartete Auftritt von Junior Marvin, dem
legendären Gitarristen von Bob Marley & The Wailers.
Warum sich aber Junior Marvin als "Junior Marvin &
The Legendary Wailers" verkauft, ist nicht ganz
nachvollziehbar. Hierüber kann wieder vorzüglich
diskutiert werden, wie das schon bei "The Original
Wailers" (TOW) geschehen ist. Damals waren aber wenigstens
mit Al Anderson und Junior Marvin, noch zwei Musiker aufgestellt, die
schon bei den originalen Wailers gespielt haben.
Darüber hinaus gibt es aber auch noch "The
Wailers", die ebenfalls das Erbe von Bob Marley & The
Wailers am Leben erhalten. Jene Band wird von Aston Barrett Junior
geführt.
Heute gibt es
mit Junior Marvin nur noch einen legendären Wailer auf der
Bühne zu sehen. Es ist etwas schade, dass jeder seine "eigenen
Brötchen bäckt" und man
sich nicht zusammenraufen konnte. Nach wie vor treten alle drei
Gruppierungen mit dem Namen "Wailers" im Bandnamen
auf. Da gibt es offenbar keine Rechte, die das verhindern oder niemand
der Verbliebenen, der sich daran stört.
Das Gefolge von Junior Marvin war wie folgt angekündigt: 1.
Yeshemabeth McGregor: Vocals
(Judy Mowatt’s & Freddie McGregor’s
Daughter),
2. Hassanah Iroegbu: Vocals,
3. Carl Benjamin: Drummer,
4. Stephen Samuel: Bass,
5. Javaughn Bond: Keys,
6. Cornel Marshall: Percussion,
7. Rory Marvin Vocals,
8. Pete Melton
Monitor/FOH Trch,
9. Junior Marvin
L Guitar/ L Vocals und 10. Mark Miller als Co. Director.
Ob das heute noch so ist, können wir allerdings nicht
garantieren.
Auch wenn letztendlich nur noch Junior Marvin den echten Sound der
Wailers repräsentieren kann, tut das den Erinnerungen und
der Stimmung auf dem Platze keinen Abbruch. Insgesamt schafft es aber
Junior Marvin mit seiner Truppe der Sache ziemlich nahe zu kommen.
Songs wie "Exodus", "Could You Beloved", "Rebel Music", "Get Up Stand
Up" und viele andere, lassen die Fans in Glückseligkeit
schwelgen.
Live Video:
Junior Marvin & The Legendary Wailers -
Leider hat sich die Tröpfelei vom Himmel wieder
etwas verstärkt, was uns veranlasst zeitweise den
Rückzug anzutreten. Wir wollen ja keinen Schaden an unserer
Kameratechnik provozieren und mit Schirm im Fotograben zu hantieren ist
aus Rücksicht auf die anderen Besucher eher nicht
möglich. Zum Ender der Show hin, wird es aber wieder deutlich
besser.
Nächster
Act ist Johnny
Osbourne, unterstützt von der französischen
Homegrown Band. Als besondere Würze gibt es heute ein paar
Einwürfe von Lone Ranger, in seinem eigenen Deejay-Style. In
dieser Kombination haben wir die beiden zuletzt vor 10 Jahren im
Berliner YAAM erleben dürfen. Johnny Osbourne war beim Reggae
Jam zuletzt in 2018 mit Sly & Robbie zusammen auf der
Bühne, wo er die
Geduld des Publikums wegen seiner Verspätung etwas auf die
Probe gestellt hat. Die folgende Show konnte sich dann leider nicht
mehr so entfalten wie
erhofft.
Meine heutigen Erwartungen an Johnny Osbourne sind deshalb nicht ganz
so hochgeschraubt. Letztendlich ist die Show aber der Hammer. Die
Homegrown Band zaubert einen unglaublichen Sound auf die Bühne
und Johnny Osbourne lässt keinen Zweifel daran was er wirklich
kann. Und wenn dann noch Lone Ranger mit seinem Geplapper
dazwischenfunkt, kann das Ganze einfach nicht mehr getoppt werden.
Manchmal denke
ich ja, den einen oder anderen Titel nicht mehr aufzunehmen, da dies
schon mehrmals passiert ist, … ein großer Fehler.
Heute ist alles anders oder viel besser. Vielen Dank an die Homegrown
Band, Johnny Osbourne und Lone Ranger! Eine kleine Kritik an die
Technik, wegen streckenweiser Übersteuerung der
Bässe,
müssen wir dennoch wieder anbringen.
Live Video:
Johnny Osbourne feat. Lone Ranger & The Homegrown Band
Das aktuelle Album von Johnny Osbourne, ist das am 26. Mai dieses
Jahres
veröffentlichte und bei Baco Records produzierte "Right Right
Time".
Mehr zu Johnny Osbourne und Lone Ranger findet ihr in früheren
Berichten unter den am Ende dieser Seite
angegebenen Links.
Kommen
wir nun zu den letzten drei Künstlern dieser langen
Reggae-Night. Der aus dem Parish Clarendon, Jamaica, stammende und am
17. Juli 1955 geborene Glenroy Washington, alias Glen Washington, war
laut Poster-Archiv vor 14 Jahren zuletzt auf dem Reggae Jam. Wir haben
zumindest seit 2010 kein Festival ausgelassen und ihn seitdem hier
nicht gesehen. Dessen irgendwo in der Nähe von Beres Hammond
und J Boog einzuordnende Stimme, haben wir zuletzt auf dem Summerjam in
2009 hören können.
Der ursprüngliche Drummer, Sänger und Songschreiber,
lebt aktuell in den USA, und hat allein in der Zeit zwischen 1998 bis
2002, neun verschiedene Auszeichnungen im Soca und Reggae
abgeräumt. Darunter der "Canadian International
Reggae Award" von 2002. Sein Debütalbum "Brother To Brother"
wurde 1997
veröffentlicht. Inzwischen zieren über 20 Alben seine
Discography, die vorerst mit dem 2023er "Jah
Children", einer Zion High Production, endet.
Mit seiner sanften und angerauten Stimme und zahlreicher seiner
melodiösen Hits, hat er besonders bei den Mädels ein
Stein im Brett. Eine der Backgroundsängerinnen ist Jacqueline
"Jackie" Whyte, die sich
sichtlich um Glen Washingtons Wohl bemüht und gleichzeitig
seine Partnerin und Managerin ist.
Im Duett mit Jackie, bei "Moonlight
Lover", wirkt er mehr als sonst, etwas
schüchtern. Die Sache mit dem "von hinten
antanzen", kennen wir von Jamaikanern doch etwas anders und
eher auf dem Gebiet des Dancehall. Damit scheint sich Glen auch gar
nicht so recht wohlzufühlen. Da muss wohl Jackie noch ein
wenig mit ihm
üben. ;-) Er tanzt dann doch lieber andersherum, wie er das
schließlich bei "Let It Be Me" auch
zeigt.
Live Video:
Glen Washington - Konzertausschnitte
Nach so langer Zeit bis zum heutigen Wiedersehen, ist es für
uns natürlich ein dringendes Bedürfnis Glen
Washington im Backstage zu besuchen. Davor müssen
wir aber noch schnell etwas gegen die nächtliche Frische
besorgen.
Am Shop von Still
Cool mit Japowl aus Essen und seinem ersten Enkel Liam, alias
Granman, aus London.
Danach schauen wir mal wieder, was im Backstage so geht. Bei dieser
Gelegenheit treffen wir Jah Thunder,
dem wir
natürlich auch ein paar Fotos vom letzten Mal mitgebracht
haben. Das freut ihn natürlich ganz besonders, und
während wir uns unterhalten, geht er mit uns in eines der
Backstagezelte. Für ein paar Sekunden bemerke ich nicht, wer
da noch anwesend ist, da ich mich ja gerade mit Jah Thunder befasse. In
einer dicken Jacke gehüllt sitzt doch King Shango, aka Capleton,
völlig ruhig auf der Bank und beobachtet unser
Gespräch. Man hätte es wissen müssen. Oh,
verdammt, jetzt ist aber eine förmliche Entschuldigung
dringend geboten. "Tut mir leid, ich habe dich wirklich nicht
gesehen!". Er schmunzelt wortlos und mit majestätischer Mine.
Zum Glück macht er sich überhaupt nichts
daraus.
Capleton
& Jah Thunder
Echt erstaunlich, dass hier niemand ist, um dem King seine Aufwartung
zu machen. Dafür platzt das Zelt von Glen Washington aus allen
Nähten. Mit dem Gedanken ihn zu besuchen sind wir
natürlich nicht allein.
Zum
Interview mit dem "Best dressed man" wie Munchy
ihn begrüßt, kommt ihr hier.
Mit Reggae
Chat Global
Glen's Partnerin Jackie hat alle Hände voll zu
tun, um den Überblick zu behalten, und das alles
schön der Reihe nach geht. Ganz toll gemacht Nickie! Vielen
Dank! Ich glaube ohne sie wäre es hier drunter und
drüber gegangen, und der sehr zurückhaltende Glen
wäre allein völlig überfordert, zumal bei
ihm alles etwas mehr an Zeit benötigt.
Partnerin
Jacqueline
"Jackie" Whyte & Glen Washington
Abdelali
Mourid (Percussion / House of Riddim) & Glen
Washington
Bernd
"Sheriff" Lagemann & Glen Washington
Soweit ein kleiner Auszug von der Glen Washington Interview- und
Fotossession. Jackie hat es letztendlich mit viel Ausdauer und ein
wenig Druck geschafft, die Wünsche aller Anwesenden
zufriedenzustellen.
Derweil
ist die Show von Mr. Vegas ein ganzes Stück vorangekommen.
Clifford Smith, alias Mr. Vegas, ist 1974 auf Jamaica geboren und
stetiger Garant für eine stimmungsvolle Show eines jeden
Festivals. Zur Unterstützung hat er sich heute vier
Tänzerinnen mitgebracht, die für seine Dancehall-Hits
die passende optische Umrahmung auf die Bühnenplanken bringen.
Da ist es manchmal gar nicht mehr so schlimm, wenn man den agilen Mr.
Vegas hin und wieder aus den Augen verliert. Dafür hat er sich
die Musiker eingespart und nur ein Soundsystem im Gepäck.
Das ist bei seiner heutigen Party auch völlig ausreichend und
überhaupt nicht störend.
Wir kommen gerade noch recht, als er "I Am Blessed" von seinem
zweiteiligen 2012er Allbum "Sweet Jamaica" (Eine
Scheibe für Reggae und eine für Dancehall.) anstimmt
und zum Schaudern der Security über die Absperrung springt, um
im Anschluss mit Hilfe der Fans, den mächtigen Baum vor der
Bühne erklimmt. "This is the tree of
life!", stellt Mr. Vegas fest und singt die nächsten
fünf Minuten vom Baum herab. Ein surreales Bild, zumindest
wenn man Mr. Vegas nicht sieht. Tausend Leute himmeln den Baum an. "Der
Baum des Lebens von Bersenbrück"! Alles geht gut aus und Mr.
Vegas kommt auch Dank der fürsorglichen Fans wieder
wohlbehalten auf dem Boden und auf der Bühne an.
Live Video:
Mr. Vegas - - … + I Am Blessed (… and The Tree Of
Life) + many more
Was für eine Show! Mit Mr. Vegas macht Dancehall richtig
Spaß!
Kommen
wir nun zum letzten Punkt der Running Order, der genau wie Mr. Vegas
ein absolutes Highlight im Stimmungsbarometer eines jeden Festivals
ist, nur eben mit etwas anders gelagerter Musik. Capleton,
alias "The Fireman" aka "King Shango" oder auch "The Prophet",
bürgerlich Clifton George Bailey III, kam am 13.04.1967 in
Islington, Saint Mary Parish von Jamaica, zur Welt. Schon seit 1989
arbeitet der Man an seiner Karriere und hat es schon seit vielen Jahren
geschafft, sich als Superstar im Reggae und Dancehall zu etablieren.
Inzwischen ist kurz vor 3:00 Uhr am Morgen geworden. Damit liegen wir
eine knappe Stunde hinter dem Zeitplan zurück, aber der
Fireman wäre kein Fireman, wenn ihm das irgendetwas ausmachen
würde und zieht wie gewohnt ein Dancehall- und
Reggae-Feuerwerk über die Bühne. Persönlich
lieben wir ja Songs der letzteren Kategorie deutlich mehr, und
müssen auch nicht lange auf erste Hits wie "That Day Will
Come", "Jah Jah City", "Rock Stone" (heute endlich einmal in
angemessener Länge) und dergleichen warten.
Live Video:
Capleton - ... + That Day Will Come + Jah Jah City + ... many more
Capleton war zuletzt vor fünf Jahren auf dem Reggae Jam zu
Gast und genau
wie heute am Samstag der Headliner. Mit dabei natürlich
ebenfalls Jah Thunder, denn wer Capleton bucht, kann eigentlich damit
rechnen, dass sein Cousin Omar Oneil Bolt, alias Jah Thunder, ebenfalls
ein Ständchen bringen wird. Dies ist natürlich immer
abhängig davon, wie es gerade mit dem Zeitplan aussieht. In
2018 ist Jah Thunder wohl nicht so recht zum Zuge gekommen. Also muss
es heute trotz Zeitverzug irgendwie klappen.
Jah Thunder
Es ist immer wieder unfassbar mit welcher Energie dieser Mann
stetig über die
Bühne fegt und sich regelrecht die Seele aus dem Leib
brüllt. Wie so etwas die Stimmbänder auf Dauer nur
mitmachen können? Ich werde schon heiser, wenn ich nur mal
paar Minuten laut reden muss.
Langsam aber sicher scheint der Fireman kurz vor der
Entzündung zu stehen. Die Rauchschwaden um ihn herum werden
immer stärker. ;-) Es wird Zeit, dass sich der King noch
einmal kurz an der Bühnenkante verschnauft, bis ein wenig
Abkühlung eingetreten ist.
Genug gesessen, ... weiter geht's! Ich bin ja nicht umsonst der
Fireman. ;-)
Und schon wieder ist Capleton nicht zu bremsen und erneut umgibt ihn
nach kurzer Zeit eine Nebelwolke, bis er irgendwann am Ende seines Sets
angelangt ist. Was für ein Finale! Wir sind wieder einmal
begeistert von ihm und stehen damit sicherlich nicht allein.
Ein erlebnisreicher Festivaltag voller genialer Musik ist wieder einmal
zu Ende gegangen.
Wir sehen uns dann morgen bzw. heute Mittag wieder auf dem Platze zum
letzten Tag des Festivals wieder, mit weiteren Highlights
aus Reggae
und
Dancehall.
Wer allerdings noch zu aufgedreht ist und keine Lust zum Schlafen hat,
kann
natürlich im Dancehallzelt oder im Dubcamp noch ein
wenig
weiter
feiern. Dann wird es aber schwierig die persönlichen Akkus
für die sonntäglichen Bühnenshows
ausreichend
nachzuladen. ;-)
Copyright:
www.reggaestory.de
Text und Videos: Peter Joachim
Fotos: Marion und Peter Joachim
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weiter zu Teil
4 - Sonntag /
Sunday - 06.08.2023