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JAMAICA
EINMAL
ANDERS
Teil 2
19.07.2008 – St. Ann
– Fire Water – Dunn..s River Falls –
Oracabessa –
St.
Margaret..s Bay
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Es
hat nahezu die ganze
Nacht
mächtig stark geregnet. Jetzt hat es zum Glück ein
wenig nachgelassen, aber der
Himmel sieht immer noch recht bedrohlich aus.
Heute wollen wir unser
Guesthouse
hier verlassen und am Abend ins Spring Garden Guesthouse nach St.
Margaret..s
Bay umziehen. |
Nach dem Frühstück räumen wir erst einmal
unser Zimmer und
stellen das Gepäck in Trevors Büro ein. Die erste
Tageshälfte werden wir noch
hier in der Nähe sein und wollen unser Gepäck nicht
unnötig im Auto mitführen.
Wir werden es später abholen, wenn wir in Richtung Port
Antonio weiterfahren.

Telefon mit
Pflanze
Wir fahren nun erst
einmal in
Richtung St. Ann. Es regnet leider immer noch. Am Dunn..s River fahren
wir
vorerst vorbei. Wir kommen ja noch einmal auf dem Rückweg hier
entlang und
hoffen, dass später das Wetter etwas besser ist. In St. Ann
wollen wir die
Quellen von „Fire Water“ aufsuchen. Bei
„Fire Water“ soll es tatsächlich
brennendes Wasser geben. Es ist auch ein ritueller Platz der
Einheimischen und
ob man uns dort einfach hinlässt, wissen wir noch nicht. Wir
kurven ein wenig
durch St. Ann und fragen die Leute nach diesem Ort. Dabei treffen wir
auf
Conrad Campbell, der mit ein paar Kumpels unter einem Vordach steht und
entspannt das regnerische Wetter verfolgt. Conrad kennt „Fire
Water“. Den Weg
beschreiben kann man aber nicht. Er würde mit uns fahren und
den Weg zeigen.
Wir rücken also etwas zusammen und ab geht..s. Wir fahren
einige
unübersichtliche Nebenstraßen und matschige Pisten
entlang. Es soll nicht mehr
weit sein. Jetzt geht es einen steilen Weg hinauf. Der Hang ist
mächtig
ausgespült und mit tiefen Rinnen durchzogen. Schlamm und
Geröll wird von den
Rädern aufgewühlt und in die Luft geschleudert. Die
Räder drehen durch und
unser Auto schwimmt bedenklich in Richtung Abgrund. Zehn Meter tiefer
rauscht
ein Fluss durch die Schlucht. Wir wollen lieber aussteigen und laufen,
aber
Johnbag kennt kein Erbarmen, weder mit seinem Auto noch mit uns. Er
lächelt nur
und schüttelt mit dem Kopf. „Wir werden es schaffen.
No Problem.“ Später
erreichen wir eine große freie Fläche. Ein paar
Buden, mit Folie eingewickelte
Boxentürme, Feuerstellen und andere Dinge deuten darauf hin,
dass es hier öfter
eine Party gibt. Noch liegt ein Baumstamm quer über den Weg,
den man aber bald
beiseite räumt, als unser neuer Führer mit den Leuten
gesprochen hat. Nun geht
es aber doch nicht mehr weiter. Unsere Räder versinken nun
endgültig im
Schlamm. Ich steige aus und versuche mein Glück als
zusätzlicher Antrieb. Es
klappt und wir rollen auf das abgegrenzte Areal. Der Regen hat leider
immer
noch nicht aufgehört. Ein Rasta mit einem riesigen Regenschirm
kommt zum Auto
gewatet und ist hier wohl der örtliche
Entscheidungsträger. Zwei weitere Leute
hat er im Schlepptau, mit denen er sich immer wieder berät.
Die nächsten
Minuten sind zermürbend. Man ist zwar schließlich
gewillt uns zum „Fire Water“
vorzulassen, aber der Wegezoll ist gewaltig. Völlig ruhig und
von seiner Sache
überzeugt, nennt uns der Rasta einen Preis von 30 USD pro
Person. Wir versuchen
zu verhandeln. Es dauert und dauert. Letztendlich wird ein Preis von 20
USD
festgelegt, als wir Anzeichen machen, darauf verzichten zu wollen. Na
gut, aber
ich soll allein gehen. Marion und Madlen bleiben lieber im Auto. Ein
Weilchen
muss ich aber noch warten, da zurzeit noch andere Leute dort mit einer
Badezeremonie beschäftigt sind. Später werde ich zur
Quelle geleitet, die von
einer Mauer umgeben ist. Im Innern ein natürliches Badebecken
mit einem Ablauf
zum tieferliegenden Fluss, der nach jedem Besucher zur Reinigung
geöffnet wird.
Es badet also jeder in seinem eigenen frischem Wasser. Wärme
schlägt mir
entgegen und im Wasser lodert tatsächlich eine Flamme. Eine
gewisse Magie
strahlt von diesem Ort aus. Von oben und unten Wasser und in der Mitte
diese
vor sich hinwummernden Flammen. Als ich die Sache fotografieren und
filmen
will, gibt es wieder Probleme. Nein das geht gar nicht, jedenfalls
nicht bei 20
USD. „Na gut, ich bezahle aber nicht mehr, dann eben nicht.
Es sei denn, ihr
lasst noch Marion und Madlen mit hinein.“ Es geht noch eine
Weile hin und her.
Schließlich nicken alle die was zu sagen haben, und man ist
mit weiteren 20 USD
zufrieden und alles ist erlaubt. Der Rasta mit dem Schirm stapft davon
und holt
noch Marion und Madlen zur Quelle.


Fire Water
Zeremonie
Ja und da wir schon
einmal hier
sind, ziehe ich mich natürlich aus und mache den kompletten
Quellenritus mit.
Das Wasser ist sehr warm und schmeckt extrem bitter. Im Wasser werde
ich nach
allen Regeln der Kunst gestreckt, verbogen, massiert und beklopft. Ich
bekomme
Stellungen verpasst, die meine Gelenke seit vielen Jahren schon nicht
mehr
kennen oder gar noch nie kannten. Immer wieder knackt und knirscht es
im
Gebälk. Ab und zu riecht es ein wenig versengt, wenn ich
wieder etwas
Körperbehaarung verliere oder das nasse Massagetuch zu lange
im Feuer hängt. In
der Mitte des Beckens liegt ein großer Stein, der teilweise
als Stütze und
Massageunterlage dient. Es ist schon ganz schön die
Härte, aber es wird nicht
aufgegeben. Zum Schluss der Prozedur ist das Wasser dreimal zu trinken
und über
das Feuer gebeugt ein Wunsch zu denken. Dann noch dreimal durch das
Feuer gehen
und die Sache ist überstanden. Geschunden, angesengt und ein
wenig beschürft,
verlasse ich die heilige Stätte. Wer das Wasser
regelmäßig trinkt, soll auch
für viele Dinge keinen Arzt mehr brauchen. Das war also der
Grund, warum meine
Vorgänger Kanister und Flaschen mit Wasser aus der Quelle
davontrugen.
Wieder am Auto
angekommen,
versuche ich mehr recht als schlecht etwas trocken zu werden und in die
Sachen
zu kommen. Den Wasserhahn in den Wolken hat man leider immer noch nicht
zugedreht. Nun will der Masseur auch
noch
einen Extralohn für seine Tortur, die er auch noch mit 20 USD
bewertet. So
haben wir dann doch noch allerhand Dollars an der Quelle gelassen, aber
den
Leuten dort sei es gegönnt. Möchte nur einmal wissen,
wie oft sich Leute wie
wir hierher verirren. Wir fahren wieder nach
St. Ann
hinein und bringen Conrad an seinen Platz zurück. Er
verabschiedet sich und
hofft, dass wir uns mal später bei ihm melden.
Am Denkmal von Marcus
Mosiah
Garvey machen wir unseren nächsten Halt. Marcus Garvey wurde
in St. Ann geboren
und ist einer der Nationalhelden von Jamaica. Marcus Garvey
kämpfte für die
Vereinigung aller schwarzen Völker und deren
Rückführung aus Amerika nach
Afrika.

Denkmal von
Marcus Garvey in St. Ann
Seine Prophezeiung zur
Krönung
eines schwarzen Königs in Afrika, die sich am 02.11.1930 mit
der Krönung von
Ras Tafari Makonen erfüllte, wurde später
Auslöser der Rastafari-Kultur und ist
im Reggae allgegenwärtig. Der wahre Reggaefan sollte
angehalten sein, sich mit
all diesen geschichtlichen Hintergründen einmal zu
beschäftigen. Eine Kurzinfo
zu Marcus Garvey findet man unter Anderem bei Peter Michels,
der sich mit diesem Thema umfassend befasst hat.
Nun geht es wieder
zurück in
Richtung Ocho Rios. Auf halbem Wege dann die Dunn..s River Falls. Es
regnet
immer noch und die Tropfendichte ist kein bisschen weiter geworden.
Aber egal,
da müssen wir nun durch, schließlich fliegt man
nicht jedes Jahr nach Jamaica.
Seit unserem letzten Besuch hat sich hier einiges verändert.
So richtig
ranfahren kann man gar nicht mehr. Wir müssen auf einen neuen
Parkplatz, der
sich ein Stück außerhalb des Geländes
befindet. Ich werde mit Madlen die Fälle
allein besteigen und Marion wird die Sache aus sicherer Entfernung
verfolgen.
Nur mit Badeschuhen und in Badesachen geht es in Richtung Einlass. Die
trockenen Sachen für den Rückweg packen wir gleich in
den Rucksack, der bei
Marion unterm Regencape gut aufgehoben ist. Später sehen wir
zwar noch kleine
Schließfächer und Umkleidekabinen auf dem
Gelände, aber bis dahin wären wir
schon durchgeweicht und die Fächer für die Sachen
viel zu klein gewesen.
Eintrittskarten gibt es keine, aber dafür ein Armband, welches
uns als
„bezahlt“ markiert. Immerhin könnte man
auch vom Strand her in das Gelände
einwandern und so den Eintritt umgehen. Auch wir gehen erst einmal zum
Strand hinunter,
wo die Fälle direkt ins Meer stürzen. Madlen staunt
nicht schlecht, so etwas
hat sie noch nicht gesehen.

Der Regen der letzten
Tage hat für
ein mächtiges Anschwellen der Wassermassen gesorgt. Der
Einstieg in die Fälle
gestaltet sich also nicht so einfach wie sonst. Auf einer Klippe unweit
der
ersten Kaskade steht ein kleines Grüppchen, welches sich weder
vor noch zurück
wagt. Eine junge Frau schluchzt und zittert, muss festgehalten und
getröstet
werden. Wir steigen also gleich eine Kaskade höher,
unmittelbar nach der
Straßenbrücke ein und kommen so relativ problemlos
voran. Das Tolle an dem
schlechten Wetter ist, dass man fast keine Touristen auf unserer Tour
trifft.

Dunn..s River
Falls ohne
händchenhaltende Touriketten – einfach herrlich!
Stellenweise haben wir so
die
Fälle ganz für uns allein. Eine völlig neue
Erfahrung. Nachteil, es wird
langsam ein wenig frisch, aber die Eindrücke sind als
Entschädigung mehr als
ausreichend. Schließlich
haben wir das Ende der
Besteigungsstrecke erreicht, treffen Marion wieder und machen uns auf
die Suche
nach den Umkleidekabinen. Es tut wirklich gut, sich endlich abtrocknen
und in
die Sachen schlüpfen zu können – und dies
trotz Karibik. Auch hier beginnt man
also irgendwann als Europäer zu frieren.
Johnbag liegt
gemütlich im warmen
Auto und wartet auf unsere nächste Ansage. Längst hat
er unseren Plan wieder
aus den Augen verloren. Gegen Mittag treffen wir wieder im Little Shaw
Park
Guesthouse ein und holen unser Gepäck. Nun müssen wir
nur noch kurz auf unsere
Wertsachen und Papiere warten, die nach kurzer
Überprüfung noch alle
vollständig an ihrem Platze sind. Zufrieden können
wir uns auf die Weiterreise
machen. Wir lassen ein Guesthouse hinter uns, welches ohne Bedenken
weiter zu
empfehlen ist. Gerne würden wir hier wieder einkehren.
Nun geht es weiter in
Richtung
Oracabessa. Die Rastas am White River besuchen wir nicht noch einmal.
Das
Wetter dazu ist uns einfach zu schlecht. Schlamm und Wasser haben wir
heute
schon genug gehabt und unsere Tagesstrecke ist noch lang. Wir rufen
also wie
vereinbart erst einmal Papa Curvin an, der sichtlich
überrascht ist, dass wir
unseren Zeitplan tatsächlich so gut eingehalten haben. Er gibt
uns an, wo wir in
Oracabessa halten sollen. Er wird uns dort abholen kommen. Der Regen
hat schon
wieder zugenommen und der Himmel verfinstert sich zusehends. Wir kommen
im
strömenden Regen am vereinbarten Treffpunkt in Oracabessa an.
Nicht lange
danach kommt Papa Curvin angefahren und gibt Lichtsignale. Zumindest
glauben
wir, dass er es ist, genauso wie er glaubt, dass wir es sind. Der Regen
macht
eine eindeutige Sicht recht schwierig. Johnbag fährt also los
und hinterher. Aber
wer sollte uns schon hier im Regen Zeichen geben. Nach kurzer Fahrt
hält Papa
Curvin an einem großen Tor an, öffnet es und deutet
uns auf das Grundstück zu
fahren. Nach herzlicher Begrüßung bittet er uns in
sein geräumiges Haus. Ein
schön angenehm und gemütlich gestaltetes Ambiente mit
viel Holz und freien
Blick bis in die Dachkonstruktion. Eine überdachte Veranda
darf natürlich auch
nicht fehlen. Papa stellt uns unter Anderem zwei seiner Kinder und
seine neue
Lebensgefährtin vor. Die Kinder, eine junge Frau und ein etwas
jüngerer Junge,
sind uns schon auf dem Flug von Deutschland aus aufgefallen. So sieht
man sich
wieder. Papa Curvin bittet uns ins Wohnzimmer auf einen Tee und
erzählt uns von
seinen Problemen und Schicksalsschlägen der letzten Jahre, die
ihn überwiegend
von seiner Musik abgehalten haben und letztendlich mit
Auslöser dafür waren,
dass er Deutschland wieder verlassen hat.

Bei Papa Curvin
zu Gast
Papa setzt den Tee an und
ruft auf
deutsch in die Küche: „Bringst du mal ein
Sieb!“ und muss kurz darauf belustigt
auflachen. „Ich bin doch nun in Jamaica, das versteht doch
hier gar keiner.“
Papa erzählt von seinen großen Lieben des Lebens,
zwei Frauen, die er
inzwischen beide verloren hat. Im März dieses Jahres ist seine
Mutter
verstorben und von seiner Ehefrau in Deutschland musste er sich leider
auch
noch trennen. Es sind so viele Dinge passiert, die schwer zu verkraften
sind.
Man hatte letztendlich unterschiedliche Vorstellungen und Einstellungen
zum
weiteren gemeinsamen Leben, was letztendlich zu getrennten Wegen
führte. Man
wolle aber weiter in Freundschaft miteinander umgehen und sich
gegenseitig
unterstützen. Es gab aber auch noch viele andere Ereignisse
und Beweggründe die
nicht hierher gehören, und letztendlich hat ihm Jamaica ganz
einfach auch sehr
gefehlt, meint er. Dann fällt uns ein, dass wir Johnbag ganz
und gar vergessen
haben. „Kein Problem“, meint Papa Curvin,
„das macht überhaupt nichts hier in
Jamaica.“ Der Regen hat sich inzwischen weiter
verstärkt und trommelt seinen
Sound auf..s Dach. Johnbag liegt im Auto und schläft
seelenruhig inmitten eines
Sees, der sich auf dem Hof rings ums Auto gebildet hat. „Was
wolltet ihr denn
heute noch machen?“, fragt Papa Curvin. Wir erzählen
ihm von unseren Plänen für
die Villa Firefly in Galina und der Villa Goldeneye, die davon nur noch
5 km
entfernt ist. Die Villa Firefly ist durch den Schriftsteller Noel
Coward
bekannt geworden. Eine tolle Aussicht auf die Küste hat man
von dort und ein
Museum ist auch dort eingerichtet. In der Villa Goldeneye hat Ian
Flemming
gewirkt, der Jedermann mit seinen James Bond Geschichten bekannt sein
dürfte.
„Das könnt ihr voll vergessen. Bei dem Wetter bringt
das überhaupt nichts. Bei
schönem Wetter ist das natürlich
fantastisch.“, meint Papa Curvin dazu. „Hier
in St. Mary und Portland braucht ihr immer zwei Pläne
– einen Schönwetter- und
einen Schlechtwetterplan.“ Also bleiben wir lieber noch ein
Weilchen bei Papa
Curvin, der uns inzwischen zwei neue Stücke von seinem
kommenden Album
vorspielt. „Jetzt habe ich mein Leben wieder neu geordnet und
kann meine ganze
Liebe wieder mehr der Musik widmen. Die anderen Lieben habe ich ja
nicht
mehr.“, und lacht. „Mein neues Album ist fast
fertig und wird so etwa im April
2009 bei Greensleeves herauskommen.“ „Hast du schon
einen Namen dafür?“, will
ich wissen. „Ja klar – „The Return Of
Papa Curvin“ wird es heißen.“ Die zwei
Stücke die wir hören sind grundverschieden. Eine
schwere rootsige Nummer, die
voll nach unserem Geschmack ist und eine eher etwas poppige per
Computer
eingespielte Nummer. Zum Rootstrack wummert ein toller Sound aus seinem
tragbaren Player. Wie wird es erst klingen mit der richtigen Anlage und
wenn
das Stück fertig abgemischt ist. „Wer sind denn die
Musiker?“, will ich wissen.
„Die sind alle von hier aus der Umgebung.“, sagt er
nur dazu und nennt keine
Namen. Offenbar werden wir die sowieso nicht kennen. Der Sound ist aber
wirklich perfekt. Wir dürfen auf das Album sehr gespannt sein.
Hoffentlich geht
es dort so weiter.
Ein handliches Fotoalbum
haben wir
auch noch dabei, in das wir aus weiser Voraussicht eine kleine Auswahl
unserer
besten Bilder von Reggaeartists eingefügt haben. Dies
natürlich eben mit dem
Gedanken, dass wir natürlich den einen oder anderen davon auf
unserer Reise
treffen. Papa Curvin schmökert darin und ist begeistert.
„Man weißt du was du
hier für einen Schatz hast? Solche schönen Bilder! Ah
Tanya Stephens, die wohnt
keine 5 Minuten von hier und Ducky wohnt da oben am Berg. Bei Michael
Rose seid
ihr erst vorbeigefahren. Ihr braucht euch aber nicht zu
ärgern, der ist gerade
nicht da. Er hat momentan viel Erfolg und ist ständig auf
Reisen.“ Kein Wunder,
dass wir ihn nicht erreicht haben. Ihn wollten wir eigentlich auch
gerne
treffen. Wir haben ein langes Video von einer Dubplate Session im
Gepäck, dass
ich eigens für ihn im Februar 2007 bei seiner Tour in
Deutschland gemacht
hatte. „Das ist kein Problem. Das kannst du bei mir lassen.
Ich sehe ihn öfter
und kann es ihm geben. Ducky ist auch manchmal hier bei mir im
Studio.“, bietet
Papa an. Also wate ich zum Auto und hole das Video. Johnbag hat sich
eingeriegelt und muss erst von mir geweckt werden. Inzwischen bin ich
schon
fast frisch geduscht.
Danach zeigt uns Papa
Curvin noch
sein neues Studio – das „Asset Recording
Studio“. Alle Teile dazu hat er von
Deutschland mitgebracht und schon dort im Einsatz gehabt. Jetzt ist es
hier in
einem Anbau des Hauses untergebracht und somit jederzeit für
ihn erreichbar. Er
hat noch so einiges auf seinem Grundstück vor. Eine kleine
Pension für Gäste
will er auch noch errichten. „Schade, dass wir solch ein
Wetter haben. Ich
würde euch gerne das ganze Grundstück zeigen. Es geht
bis ans Meer hinunter.“,
schwärmt er. Ja wirklich schade, aber bei dem Wetter macht das
wirklich keinen
Sinn. Vielleicht kommen wir mal wieder, wenn die Pension fertig ist.
Eine
wirklich gute Idee.


In Papa Curvins
Asset Studio
Nun wird es aber langsam
Zeit
unseren Besuch zu beenden, denn ein langer Weg liegt noch vor uns. Papa
bietet uns nun an
die Nacht
hier zu bleiben, da die Weiterfahrt bei dem Wetter zu
gefährlich sei. Es regnet inzwischen
Schiffstaue.
Unser Plan lässt sich aber nur schwer umstellen und die
nächste Nacht in St.
Margaret..s Bay ist schon fest vereinbart. Unser Fahrer ist ja auch von
Port
Antonio und dürfte die Tücken der Strecke schon
kennen. Papa Curvin mahnt zu
umsichtiger Fahrweise und warnt uns vor einer fürchterlichen
Strecke, der das
Wetter sicherlich den Rest gegeben hat. Wir packen also unsere Sachen
und geben
Johnbag das Signal zum Aufbruch. Am Tor steht Papa Curvin unter einem
großen
Regenschirm, den wir durch den Regen hindurch kaum noch ausmachen
können, und entlässt
uns winkend auf die Straße, bis er hinter den Sturzfluten in
der Ferne
verschwindet. (Weitere Infos zu Jamaica Papa Curvin findet man hier.)
Papa Curvin hat nicht
übertrieben,
die Weiterfahrt wird ein kleines Abenteuer. Keine Spur mehr von der
tollen
Straße, die uns von Mobay bis Ochi gebracht hat. Nur noch ab
und zu erleben wir
ein paar Asphaltfragmente. Der Rest ist eine Schotterpiste und von
zahllosen
Baustellen durchsetzt. Sturzbäche kommen aus den Bergen und
schießen über die
Straßen. Mit dabei natürlich Schlamm und
Geröll, dem es gilt auszuweichen.


Zwischendurch immer
wieder
vollgelaufene Senken und Fahrspuren und davor unschlüssig
wartende Autofahrer.
Das Wasser geht den Autos stellenweise bis zu den Scheinwerfern und
muss ganz
sicher in die Fahrerkabine laufen. Unser Auto ist zum Glück
etwas höher gebaut
und Johnbag zeigt grenzenlose Zuversicht. Wir sehen uns schon lebhaft
in einem
der Seen stecken und das Wasser unter die Sitze durchlaufen. In
Johnbags
Gesicht ist keine Regung zu erkennen. Vorbei geht es im Affenzahn an
den
Wartenden und hinein in die schmutzig braune Brühe. Einige
Leute versuchen
verzweifelt ihre Autos aus der Misere zu schieben. Andere wiederum
wurden schon
aufgegeben und stehen herrenlos mitten im Straßensee. Aber
Johnbag nimmt
tatsächlich ohne viel zu überlegen jede
Hürde die sich uns in den Weg stellt.
Zwischendurch dann ein kurzer Lichtblick. Da hat es doch
tatsächlich mal
aufgehört zu regnen und wir können frische Luft ins
Auto lassen. Endlich sehen
wir wieder etwas mehr von der Umgebung. Überall weisen
Werbeschilder auf
kommende Reggaegigs hin, die leider wieder einmal nicht in unseren
Tourplan
passen. Am Wochenende tritt in Ochi Alton Ellis und Freddie McGregor
auf, und
der Hit ist das Festival „Capleton &
Friends“, welches am 05.08. in Annotto
Bay stattfindet. Nahezu alles was Rang und
Namen
und auf den Plakaten gar kein Platz hat, wird dort auftreten. Ein
Jammer, aber
zu dieser Zeit sind wir davon schon weit entfernt. Die Regenpause nutzt
Johnbag
zum Auftanken hat aber kein Geld mehr und muss von uns mit 1.000 Jays
bezuschusst werden.

Bild links:
Werbung für das „Capleton
& Friends“ Festival
Bild rechts: Der
Regen spült die Erde weit ins Meer
Ein Blick auf..s Meer und
in die
Ferne zeigt, dass unser Abenteuer noch nicht überstanden ist.
Das Meer ist bis
weit hinaus braun vom Schlamm, den der Regen von der Insel abgetragen
hat. In
der Ferne beginnen dunkle und tiefhängende Wolken schon wieder
ihre Regengardinen
vor die Kulisse zu ziehen. Also wieder rein ins Auto und nichts wie
weiter.
Kurz danach geht es wieder mitten hinein in das Unwetter und das
Abenteuer geht
weiter. Irgendwann biegt Johnbag dann plötzlich von der
Straße ab und befährt
einen Weg nach „Nirgendwo“ wie uns scheint. Blitze
schießen aus den Wolken,
nahezu zeitgleich mit dem Donner, was bedenkliche Nähe
signalisiert. Der Regen
lässt kaum die Sicht aus den Fenstern zu. Am Boden unseres
Autos schabt sich
auf dem schmalen Pfad die Vegetation wund und in uns kommen so einige
Zweifel
auf, ob denn das wirklich zu unserem Plan gehört. Dann
erscheint im Busch ein
mit Maschendraht bespanntes Tor quer über den Weg und Johnbag
beginnt zu hupen.
Eine korpulente Frau mit Schirm und Nachthemd macht den Weg frei und
wir rollen
in einen kleinen Yard.
Wir erkennen so
annähernd
tatsächlich unser neues Guesthouse Spring Garden, was
für..s Erste so nicht
unserer Vorstellung aus dem Web entspricht. Ein kaputtes halbiertes
Boot hängt
einseitig an einem Baum und dient als Hundehütte für
zwei Hunde die von dort
aus das Unwetter verfolgen. Im Hof und auf der Veranda liegt verstreut
allerhand Kram, und man hat den Eindruck, dass hier auch schon mal
bessere
Zeiten herrschten. Wir sitzen noch ein wenig unschlüssig im
Auto und geben uns
dann aber einen Ruck. Schnell hinüber auf die Terrasse ins
Trockene und das
Gepäck ausgeladen. Bevena, unsere neue Gastgeberin,
begrüßt uns im Nachthemd,
welches an einigen pikanten Stellen schon mal Nadel und Faden
gebrauchen würde.
Ein kleines Mädchen schaut uns neugierig mit großen
Augen an und schmiegt sich
an Bevena. Johnbag verabschiedet sich kurz darauf ohne viel Aufhebens
und
meint, dass wir uns sicher noch morgen sehen würden.
Für den nächsten Tag war
allerdings noch nichts mit ihm ausgemacht. Bevena zeigt uns unser
Zimmer,
welches zum Glück im Vergleich mit dem anderen Umfeld des
Hauses eine kleine
Oase und augenscheinlich sauber und aufgeräumt ist.
Überall ist es
finster. Es gibt
kein Strom und das Unwetter nimmt seinen weiteren Lauf.
Plötzlich ist Bevena
umgezogen, steigt mit ihrer Tochter ins Auto und verschwindet ohne ein
Wort im
Regen. Wir sind allein im Haus und fühlen uns ein wenig wie
ausgesetzt. Eine
gespenstische Atmosphäre macht sich breit,
unterstützt von Blitz und Donner und
dem Prasseln des Regens. Wir sehen uns vorsichtig ein wenig im Haus um
und
lugen durch die verschiedenen offen stehenden Türen.
Überall herrscht ein wenig
Chaos. Abgesehen von unserem Zimmer und einem nebenliegenden Raum, aus
dem
leise Stimmen zu hören sind, haben wir keine Vorstellung
davon, ob der Rest des
Hauses überhaupt zu Wohnzwecken genutzt wird. Überall
Berge von Sachen, als ob
der Wirbelwind durchgefahren wäre. In der Küche
offenbar noch
benutztes Geschirr von Vortagen und und und .....

Chaos im
„Spring Garden“
Was wird uns hier nur
erwarten.
Jetzt können wir erst einmal nichts daran ändern und
unser Zimmer scheint ja
o.k. zu sein.
Lassen wir uns vom Gang
der Dinge
überraschen. Kurz bevor es richtig finster wird,
hören wir Motorengeräusche und
Bevena kommt wieder vorgefahren. Nun gibt es wenigstens ein paar Kerzen
und
etwas Licht. Bevena beginnt in der Küche zu hantieren und
zaubert kurz darauf
sehr schmackhafte Spaghettis und kühles Bier auf den Tisch,
was unsere Stimmung
wieder ein wenig anhebt.
Draußen hat
inzwischen der Regen
nachgelassen und wir hören erstmalig das naheliegende Meer
rauschen.
Baumfrösche, Grillen und anderes Getier haben inzwischen auch
ihr
ohrenbetäubendes Nachtkonzert begonnen, was wir so
schön wie hier eigentlich noch
nirgends gehört haben.
Die Stimmen aus dem
Nachbarzimmer
haben sich inzwischen ebenfalls aufgeklärt. Es gibt da noch
ein junges
Gästepaar hier, auch aus Deutschland. Auch sie sind ein wenig
überrascht und
mit der Situation nicht zufrieden. Sie meinen, wenn sie denn mal nach
Jamaica
wiederkommen, dann ganz sicher nicht mehr hierher. Na toll. Wir haben
hier noch
einige Tage vor uns. Aber was soll..s, immerhin sind wir
tagsüber nicht hier,
und den Rest werden wir schon irgendwie meistern.
Copyright:
Text und
Fotos by Reggaestory
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