Ein Reisebericht - Teil 1
15.09.2015 – Addis Ababa (04.01.2008 nach dem äthiopischen Kalender)
Nach
unseren bisherigen zwei Reisen nach Äthiopien, die wir auf
dieser Seite bereits ausführlich dokumentiert haben, hat uns
schon
wieder das Fernweh gepackt und nach Äthiopien
zurückgebracht. Wer dieses geschichtsträchtige und
reich mit Naturschönheiten gesegnete Land einmal richtig
kennengelernt
hat, kommt einfach nicht mehr davon los.
Und da dieses interessante
Land so riesig und vielseitig ist, kann man Wiederholungen selbst nach
mehreren Reisen gut aus dem Wege gehen. Die eine oder andere
Wiederholung
würde aber auch nicht schaden, aber so lange es noch Neues zu
entdecken gibt, hat das natürlich Vorrang.
Freunde oder Interessierte von
Äthiopien sollten vor diesem Bericht, die 15 früheren
Teile aus 2013 ("Ethiopia By Bus") und die zwei Teile aus 2014 ("Return
To Addis") durcharbeiten. Dies ist besser zum allgemeinen
Verständnis und zur Erlangung weiterer
Hintergrundinformationen. Bisher
besuchte und äußerst wichtige
Sehenswürdigkeiten des Landes, werden allgemein nicht noch
einmal angeführt bzw.
erläutert. Also bitte nicht wundern über die
getroffene Auswahl unserer Tagesziele in Addis Ababa und noch einmal in
die alten Berichte sehen. Sicher werdet ihr dort fündig.
Dieses Mal bewegen wir uns von Addis Ababa aus ein Stück in
Richtung Süden und ein wenig nach Osten in Richtung Somalia,
soweit es sicherheitstechnisch vertretbar ist. Dabei wird die alte
Weltkulturerbe-Stadt Harar der östlichste Punkt unserer Tour
sein. Nach Süden werden wir vorerst nur bis Shashemene, dem
Awash-Nationalpark (Awassa) und in die Bale Mountains vordringen. Den
tieferen Süden in Richtung Kenia und Südsudan werden
wir auf später verschieben müssen, denn die
Abarbeitung der bisher ausgewählten Reiseziele in dem zuvor
grob umrissenen Gebiet erfordert bereits 15 Tage. Wobei wir selbst in
diesem Gebiet nicht alle wichtigen Punkte besucht haben. Aber das ist
gut so, denn wenn wir später einmal weiter nach Süden
vordringen sollten, gibt es wenigstens unterwegs noch genügend
zu tun.
Tatkräftig unterstützt hat uns wieder unser lieber
äthiopischer Freund Henok, mit dem wir Dank E-Mail und
Internet unsere Reisepläne gut vorbereiten und nach unserer
Heimkehr noch viele offene Fragen aufarbeiten konnten.
Doch kommen wir nun zu den aktuellen Ereignissen.
Wir fliegen am Vorabend des 15.09. in Frankfurt mit der Ethiopian
Airlines um 22:05 Uhr ab und landen in Addis Ababa um 5:50 Uhr
Ortszeit. Die Zeitverschiebung beträgt nur +1 Stunde. Dieses
Mal klappt alles wie am Schnürchen und wir stehen schneller
auf dem großen Parkplatz vor dem Flughafen als gedacht. Beim
letzten Mal hatten wir mächtig lange in der Warteschlange der
Passkontrolle geschmort, da immer wieder "wichtigere Leute" vorgezogen
worden. Ein Glück, dass Henok nicht auf uns gehört
hat und trotzdem pünktlich zur Stelle war. Mir scheint als
wäre unsere Verabschiedung vom letzten Jahr erst gestern
gewesen. Henok strahlt und begrüßt uns mit einem
Strauß Rosen, der mit Goldflitter besprüht ist und
macht sich sofort daran unser Gepäck im Auto zu verstauen.
Auch im Hotel klappt alles bestens. Es ist das Hotel Caravan, etwas
nördlich vom Flughafen und noch ein Stück
südöstlich vom historischen Zentrum der Stadt
gelegen. Wir dürfen tatsächlich schon gegen 7:00 Uhr
am Morgen unser Zimmer beziehen.
Bild
001 + 002: Caravan Hotel
Anschrift und Google Map >> für weitere
Informationen und größere Kartenansicht einfach die
Bilder
anklicken
Sucht man das Hotel in hiesigen Reisekatalogen wird man leider nicht
fündig. Wenn man denn überhaupt eines findet, kann
man von "Glück" reden. Glück in
Anführungszeichen deswegen, weil dann die Preise erheblich die
Reisekasse auslichten und die Unterkunft nicht unbedingt dem angemessen
ist. Addis besitzt viele gute und moderne Hotels, auch wenn die Lage
nicht immer im Zentrum ist, spielt das überhaupt keine Rolle.
Man kann sowie nicht alles zu Fuß in dieser riesigen Stadt
besichtigen. Auch unser Hotel liegt etwas abseits, ist aber zu unserer
vollen Zufriedenheit ausgestattet. Der Fensterblick ist uns egal, den
brauchen wir hier sowieso nicht.
Wir müssen uns nur kurz sortieren, die Flugzeugnacht abduschen
und die Funktionsweise des Safes herausbekommen und schon sitzen wir
eine Stunde später wieder abfahrbereit im Auto.
Wir bleiben nur heute in Addis und besprechen noch einmal kurz was wir
im Verlauf des Tages ansteuern werden. Auch wenn wir Addis in den
letzten
Jahren schon vier volle Tage unter die Lupe genommen haben, stehen auf
unserer Liste immer noch genügend Punkte die abzuarbeiten
sind.
Auch heute werden wir den "Rest" noch nicht schaffen und werden sehen,
was wir am Ende dieser Reise noch abhaken können.
Auf unserer Strecke liegen unter anderem ein paar interessante Kirchen,
für die wir bisher noch keine Zeit hatten.
Erste Station ist die St. Mary Church, südlich des
Nationalmuseums, an der Kreuzung von der King George VI Street und der
Welete Yohanis Street.
Bild
003:
Eingang zum Gelände der St. Mary Church
Vor den Eingängen in einen Kirchenbezirk halten sich oft viele
Bedürftige auf, die auf Almosen der Kirchenbesucher hoffen.
Auffallend ist, dass dies grundsätzlich nur vor dem
Kirchengrundstück passiert. Gaben im Innenbereich sind
ausschließlich den Priestern und der Kirche vorbehalten.
Für kleine Straßenhändler und Schuhputzer
sind diese Tore oder auch die ganze Zufahrtsstraßen ebenfalls
beliebte Plätze.
Gehen wir durch das Tor und schauen uns die Kirche näher an.
Bild
004 - 008:
St. Mary Church Bild 008:
Erzengel Gabriel - meistens mit drei Personen oder Kindern im
Fegefeurer dargestellt, die von ihm erlöst werden.
Bild
009 + 010:
St. Mary Church
Nahezu bei jeder äthiopischen Kirche gibt es auch im
Außenbereich unterschiedliche Schreine und Heiligenbilder die
Treffpunkt der Gläubigen für Gebete sind. Nicht
selten findet man auch zusätzliche kleine Kapellen, die
ebenfalls bunt ausgeschmückt sind. Den Betenden reicht aber
auch jede einfache Tür und jeder Zentimeter der
Außenfassade. Man sieht das auch ganz deutlich an der
Verfärbung von Mauerwerk oder Putz an jeder Kirche und
könnte so ganz gut die durchschnittliche
Größe der Äthiopier messen. ;-)
Bild
011: St.
Mary Church - Großer Schrein mit Maria und Jesus
Als wir in das Innere der Marienkirche treten, kommt
plötzlich die Sonne hinter den Wolken hervor, und bricht mit
blendenden Strahlen durch die Kuppelfenster in den Gebetsraum herein.
Die Betenden treten mit ausgebreiteten Armen und noch oben gedrehten
Handtellern durch die Sonnenstrahlen hindurch und murmeln ihre
Gebete. Es ist eine wirklich beeindruckende Atmosphäre. Wir
haben schon viele Kirchen in Äthiopien besucht, und immer
wieder stellen wir von Neuem fest, dass es sich lohnt, jede einzelne
von ihnen zu besuchen.
Bild
012 + 013:
St. Mary Church
Leider ist das Schauspiel mit der nächsten Wolke schon wieder
vorüber. Aber es lohnt sich zu warten, um das Aufleuchten
dieser Strahlen noch einmal zu sehen.
Bild
014: Ein
weiterer Zugang zum Grundstück der St. Mary Church
Und hier das Ganze noch einmal in ein paar bewegten Bildern.
Live
Video: St.
Mary Church - Addis Ababa
Fahren wir nun ein paar hundert Meter weiter nach Norden, bis zum
Yekatit 12 Square (auch Sidist bzw. 6 Kilo genannt).
In dessen Mitte befindet sich das Märtyrer-Denkmal,
welches an die Ermordung von zirka 30.000 Äthiopiern, darunter
500 Mönche, erinnert. Die geschah als Rache auf ein
fehl geschlagenes Attentat, nach dem 19.02.1937 auf den italienischen
Vizekönig und Gouverneur Rodolfo
Graziani. Das 28 m hohe Monument wurde vom ehemaligen
Präsidenten Jugoslawiens Josip Broz Tito gestiftet und von
zwei jugoslawischen Architekten errichtet.
Bild
015 - 020:
Sidist Kilo / Yekatit 12 Square
Auf der nordwestlichen Seite des Platzes befindet sich der Eingang zum
Grundstück der Kirche St. Michael und Marcus / St. Mark Church
oder auch die
Kidus Markos Church. Es ist eine unscheinbare Kirche, die inzwischen
mit einem modernen Putz ihrer Ehrwürdigkeit beraubt worden
ist. Die Kirche ist vielleicht nicht besonders sehenswert, hat aber
einen wichtigen historischen Hintergrund. Ursprünglich befand
sich die Kirche in dem zum kaiserlichen Leul Genet Palast
gehörigen großen Park (zum Palast
siehe ausführlich in "Ethiopia By Bus" - Teil
15). Es war zu jener Zeit die Privatkirche von Kaiser Haile
Selassie, die er vom Palast aus zu Fuß aufsuchen konnte. 1961
stiftete Haile Selassie den Palast der Addis Ababa University, die sich
noch heute auf dem Gelände befindet. Den Palast selbst findet
man heute auch unter dem Begriff "Ethnological Museum". Heute ist der
Kirchenbezirk durch eine Mauer vom Gelände der Addis Ababa
University abgetrennt.
Bild
021 + 022:
St. Michael and Marcus Church - Addis Ababa
Hinter
dem nächsten Tor, auf dem großen
Kirchenvorplatz, wartet ein gläserner Schrein
mit den Bildnissen von Erzengel Michael und Saint
Mark, jeder mit
seiner eigenen Spendenschatulle.
Erzengel Michael wird in Äthiopien oft mit dem Teufel in der
Hand und Saint Mark mit dem
Löwen zu Füßen dargestellt.
Die Kirche ist momentan geschlossen, so dass wir leider keinen
Blick in
das Innere werfen können. Die meisten Kirchen besitzen
mehrere,
nach den Himmelsrichtungen ausgerichtete
Türen,
die jeweils nur von bestimmten Personen durchschritten werden durften.
So ist die Westtür für Frauen, die Nordtür
für
Männer und die Südtür für die
Priester. An dieser
Kirche war der
Haupteingang den Frauen vorbehalten, während der Kaiser von
hinten in die Kirche gekommen ist.
Bild 023: St. Michael and Marcus
Bild
024 - 027:
Saint Michael and Marcus Church
Live
Video:
St. Michael and Marcus Church und Sidist Kilo
Bild
028:
Schaukasten der monatlichen Bekanntmachungen für die Studenten
der Sonntagsschule, vor dem zweiten inneren Eingang zum
Kirchengrundstück.
Wir bleiben noch ein wenig im Umfeld des Platzes von Sidist Kilo, denn
auf der südwestlichen Seite befindet sich eine weitere
geschichtsträchtige Bebauung. Es ist das ehemalige Haile
Selassie I. und
heutige Yekatit 12 Hospital. Hier gibt es noch einige original
erhaltene Gebäude aus der Gründerzeit des Hospitals.
Im Zeitraum ab 1922, noch vor seiner Kaiserkrönung, versuchte
Ras Tafari in seiner Funktion als Regent Plenipotentiary, die
medizinische Versorgung im Lande zu
verbessern. Er ließ in diesem Zusammenhang zahlreiche
Hospitäler in den
wichtigsten Städten Äthiopiens errichten. Hier eine
grobe Zusammenfassung
der ersten Phase seiner fortschrittlichen Aktivitäten bis zur
italienischen Okkupation.
Uns interessiert das Hospital natürlich aus geschichtlichen
Gründen und wir fragen den Posten am Eingang, ob wir ein paar
Aufnahmen auf dem Grundstück machen dürfen. Der Mann
ist etwas unsicher, die Frage ist ihm offenbar neu, da hier wohl eher
selten Touristen mit solch einem Ansinnen vorstellig werden. Aber kein
Problem, ... zumindest vorerst.
Bild
029 - 032:
Haile Selassie / Yekatit 12 Hospital Bild
031 + 032:
Gedenktafel mit folgender Bedeutung: "By the Heir to the Throne (Duke)
of Ethiopian Government, TEFERI MEKONEN, to keep the people of the
country healthy built this hospital and named Teferi Mekonen BET SAIDA
in 1922 (1915Ethiopian Calendar)"
Wie man gut erkennen kann, ist man offensichtlich sehr bemüht
die historische Bausubstanz zu pflegen und zu erhalten. Auch wenn nicht
mehr jeder Springbrunnen geht (aber das kennen wir ja auch von
Deutschland zur Genüge), ist der von uns besuchte Teil des
Hospitals in gutem Zustand. Natürlich möchten
wir unsere Genehmigung nicht überstrapazieren und das
gesamte Gelände erkunden und gehen nach wenigen Minuten wieder
in Richtung Ausgang.
Dort
hat sich derweil ein Unwetter über
unserem Sicherheitsposten zusammengebraut. Irgendein sich
übergangen gefühlter Chef hat von der Sache Wind
bekommen und macht
nun
Theater. Henok muss vermitteln und beschwichtigen.
Wir
gehen wieder über den Sidist Kilo zurück, laufen die
Algeria Street in Richtung Norden und kommen an einem Nebentor des
großen Parks vom Leul Genet Palast vorbei. Wir wollen noch
einmal zum Haupteingang des jetzigen
Universitätsgeländes und in den gegenüber
liegenden Karl Marx Park. Beim letzten Mal hatte unsere Zeit nur
für ein paar hastige "Fernschüsse" gereicht.
Bild 037: Nebentor zum Park des
ehemaligen Leul
Genet Palastes / Ethnological Museum
Bild
038:
Haupttor zur Addis Ababa University und des Ethnological Museum /
Ehemaliger Leul Genet Palast
Bild
039: Karl
Marx Park auf der anderen Straßenseite, im Hintergrund das
Goethe Institut.
Der Karl Marx Park, mit vielen riesigen Bäumen,
Grünanlagen und Formgehölzen, wurde 1984, in
Zusammenarbeit mit der ehemaligen DDR angelegt. Die Skulptur wurde von Jo Jastram
geschaffen. Hier kann man abseits des Straßentrubels ein
ruhiges Plätzchen und einen Imbiss finden.
Bild
040 - 042:
Karl Marx Denkmal Bild 042:
"Zum 10.
Jahrestag der ethiopischen Revolution, gegeben von der Deutschen
Demokratischen Republik Deutschland - 12. September 1984" (bzw.
02.01.1977 oder 2. Maskarem 1977 nach dem äthiopischen
Kalender)
Anders als Mengistu Haile Mariam, Staatsoberhaupt Äthiopiens
von 1977-91, der Äthiopien zum Sozialismus führen
wollte, und nach seinem Sturz außer Landes floh, geht es Karl
Marx noch ganz gut.
Bild
043: Karl
Marx Park
Gehen wir wieder zurück und schauen uns dabei noch einmal das
schöne alte Tor zum Park des ehemaligen Leul Genet Palastes an.
Bild
044 + 045:
Haupttor zum Park des Leul Genet Palast / Addis Ababa University
Bild
046:
"Wandzeitung" am Yekatit 12 Square / Sidist Kilo
Bild
047: Wir
sind wieder zurück am Sidist Kilo / Äußeres
Eingangstor zur St. Mark Church
Wir fahren nun die Weatherall Street vom Sidist Kilo in Richtung Westen
und kommen an der Kreuzung zur Botswana Street an einer blauen Moschee
vorbei.
Bild
048:
Moschee an der Botswana Street
Auch ein schönes Bauwerk, aber Moscheen stehen heute nicht mit
im Programm. Wir wenden uns nun nach Süden und fahren zum
Menelik II. Square. Der Platz befindet sich unmittelbar vor der St.
George Cathedral (Krönungskirche Haile Selassie I.). Die
Kathedrale selbst ist aber heute nicht unser Ziel. Ausführlich
berichtet haben wir dazu in "Ethiopia By Bus" (Teil
15). Wir wollen uns das Reiterstandbild von Menelik II.
ansehen, welches in der Mitte des Menelik II. Square errichtet worden
ist.
Bild
049 - 051:
Reiterstandbild von Menelik II. auf dem Menelik II. Square Bild
049: Im
Hintergrund die City Hall
Das Monument wurde auf Bestellung von Königin Zewditu (Tochter
von Menelik II.), vom deutschen Architekt Hartle Spengler in Bronze
gegossen. Das Monument würdigt den Kampf von Kaiser Menelik
II. gegen die kolonialistischen Bestrebungen Italiens und seine siegreiche
Schlacht gegen die Italiener in Adua (Adwa) am 1.
März 1896. Die Statue zeigt Menelik in seiner
Krönungstracht auf seinem Pferd Abba Dagnew mit zwei Speeren
in der Hand. Als die Statue 1930 in Addis Ababa eintraf und man noch
dabei war den Aufstellort festzulegen, starb leider Königin
Zewditu völlig unverhofft. So war es schließlich
Kronprinz Haile Selassie, der
am Vorabend seiner Krönung zum Kaiser das Denkmal feierlich
einweihte. Während der italienischen Besatzungszeit von
1936-41, wurde die Statue entfernt und versteckt. Seit der Vertreibung
der Italiener steht sie nun wieder an ihrem Platz.
Wir wollen von hier gleich zur City Hall laufen. Sie ist
neben der Africa Hall das zweite moderne Prestige-Objekt von Kaiser
Haile Selassie. Er sagte unter anderem dazu: "It is possible
to
construct grand buildings here in Ethiopia too, by erecting a couple of
high-profile structures. It is not their complexity or size that
matter, but the maximum possible use of home-produced materials, in
order to shake our wealthy middle class (which keeps its money under
the mattress) from the inactivity that also binds it in the field of
construction, and stimulate it to invest its assets also in building to
make this ‘great village’ a city and a true great
capital."
Bild
050: City
Hall
Das Gebäude wurde von 1961-1964 errichtet und enthält
neben den großen Sitzungssälen, ein Theater, ein
Restaurant, 4 Bars, eine Bibliothek, eine Panoramaterrasse und anderes.
Aber wir haben schon wieder vergessen wie argwöhnisch
sämtliche Hinterlassenschaften der äthiopischen
Kaiserzeit im ganzen Lande bewacht werden. Während ich mit der
Kamera in der Hand noch einen günstigen Fotostandort suche,
springt schon wieder ein Wachposten mit der MPi hinter den
Büschen hervor. Seine Gesten sind nicht falsch zu verstehen.
Also schlagen wir uns die Besichtigung des Objektes aus dem Kopf und
verkrümeln uns so weit es nötig ist, bis uns der
Soldat nicht mehr sehen
kann.
Bild
051 + 052:
Der 42 m hohe Turm der City Hall
Also immer erst die Kamera ins Spiel bringen, wenn der beste Standort
schon gefunden ist. Eigentlich weiß man das ja, ... aber hier
hatte ich damit nun wirklich nicht gerechnet.
Fahren wir weiter zu unserem nächsten Besichtigungspunkt. Es
ist die armenisch-apostolische Kirche St. George an der Adwa Street.
Zwischen
Äthiopien und Armenien bestanden schon seit dem ersten
Jahrhundert nach Christus Handelsbeziehungen. Die Armenier haben eine
sehr alte Präsenz in Äthiopien. Eine der ersten
aufgezeichneten diplomatischen äthiopischen Missionen nach
Europa wurde zum Beispiel von "Matthew dem Armenier" im 16. Jahrhundert
geführt. Im Auftrag der Kaiserin Eleni
führte ihn die Reise nach Portugal und Rom, um dort um Hilfe
gegen die muslimischen Überfälle auf
Äthiopien zu bitten.
Bild
053 -
055: Die
armenisch-apostolische Kirche St. George
Die Armenian Apostolic Holy Orthodox St. George Church, so der
vollständige Name wurde 1935 fertig gestellt und an Stelle
einer alten Kapelle errichtet, die dort seit 1923 gestanden haben soll.
Die Geschichte besagt, dass Erzbischof Asanian aus
Konstantinopel (Istanbul) den ersten Stein im Jahr 1928 für
die neue Kirche gesetzt haben soll. Weiterhin soll Ras Tafari, seine
Frau Menen Asfaw und der
Eschege von Äthiopien bei der Gründungsfeier
zugegen gewesen sein. Der Kirchenname St. George hat aber nichts mit
dem ansonsten in Äthiopien allgegenwärtigen
Drachentöter
St. Geogre zu tun. Es ist lediglich der Name vom Vater des armenischen
Kirchenstifters Mouradian, in dessen Erinnerung die Kirche errichtet
worden ist.
Neben
der historischen Geschichte, gibt es
auch noch eine andere interessante Begebenheit. Nach dem
Völkermord von über 1,5 Millionen Armeniern der 1915
im
Osmanischen Reich begann, kam eine Gruppe
von 40 armenischen Waisenkindern (Geschichte der "Arba Lijoch") nach
Äthiopien. Der damalige Kronprinz Ras Tafari und
spätere Kaiser
Haile Selassie I. nahm sich ihrer an. Er hatte sie während des
Besuchs eines armenischen Klosters in Jerusalem kennengelernt. Mit
Erlaubnis des armenischen Patriarchats von Jerusalem konnte Ras Tafari
die Kinder 1924 nach Addis Ababa holen und ließ ihnen unter
anderem Musikunterricht erteilen. Zusammen mit ihrem Bandleader Kevork
Nalbandian, wurden sie das erste offizielle Musikorchester der Nation.
Bild 056: Gedenkstein zum Genozid der
Armenier im Kirchenhof
Kevork Nalbandian komponierte auch die Musik für "Marsh
Teferi, Ethiopia Hoy"
(Text von Yoftehé Negusé), was später
zur kaiserlichen
Nationalhymne von 1930-1974 wurde. The Arba Lijoch
führten das Stück zum ersten Mal bei der
Krönung von Haile Selassie am 02.11.1930 auf.
Im Jahr 1935 lebten zirka 2.800 Armenier in Äthiopien, deren
Zahl nach dem Sturz des Kaisers aber stark abnahm.
Bild
057:
Bepflanzung im Kirchenhof
Knapp 300 m nördlich von hier, fährt man geradeaus in
die Tenagnework Street ein. Unmittelbar bevor die Adwa Street
eine Linkskurve beschreibt und über das Flüsschen
Bantyketu führt. Ein paar Meter weiter befindet sich rechts
eine Brunnenanlage und gleich danach eine steile Treppe mit einer
anschließenden alten
Straße aus der Kaiserzeit mit großem
Kopfsteinpflaster. Diese stellt eine
Fußgängerverbindung zwischen der Tenagnework Street
und der Welete Johanis Street dar. Die Treppenanlage, genannt "Sebba
Dereja", was 70 Schritte bedeutet, ließ Haile Selassie
I. erbauen, um den Palastbezirk mit der historischen Altstadt
"Piazza" zu verbinden. Heute ist sie an den frühen
Morgenstunden, besonders am Wochenende, eine gut besuchte
"Fitness-Anlage".
Bild
058 + 059:
Die alte Treppe als Bestandteil der kaiserlichen Straße
zwischen Welete Yohanis Street und des Ras Makonnen Brunnen.
Vor der Treppe, befand sich einst eine
natürliche Quelle die heute in eine Brunnenanlage geleitet
wird. Es
ist der Ras Makonnen Brunnen. Haile Selassie hat die Brunnenanlage 1944
zu
Ehren seines Vaters Makonnen Wolde Mikael und seiner Dienste
für Äthiopien
errichten lassen. Ras
Makonnen hat sich als General unter anderem besondere
Verdienste in der siegreichen Schlacht gegen die Italiener bei Adua
(Adwa) erworben. Er war auch Gouverneur von Harar, wo er auch bestattet
ist.
Bild
060: Der
Ras Makonnen Brunnen
Zu Kaisers Zeiten konnte hier noch
sauberes Trinkwasser geholt werden. Das Wasser sieht zwar heute auch
noch ganz gut aus, getrunken werden sollte es dennoch nicht mehr.
Dafür
ist es heute ein beliebter Treffpunkt und Waschplatz für die
unterschiedlichsten Bedürfnisse.
Bild
061 - 063:
Der Ras Makonnen Brunnen
Gegenüber der Quelle, auf der anderen Straßenseite,
befand sich ursprünglich eine kleine Terrasse mit Blick
über das angrenzende Flusstal und auf die ein Stück
weiter östlich liegende alte Ras Makonnen Brücke.
Heute ist der Platz leider verwildert und total verschmutzt. Teilweise
wird sogar Müll den Abhang hinunter gekippt, wohl in der
Hoffnung, dass ihn der Fluss schon mitnehmen wird.
Bild
061: Die
alte Ras Makonnen Brücke
Verschiedene Hochwasser haben schon große Teile des
Flussufers abgetragen und man ist gerade dabei die Böschung
mit einer stabilen Mauer zu befestigen. Nach der Fertigstellung
werden einige Teile des historischen
Brückenmauerwerks dann nicht mehr sichtbar
sein. Der repräsentative Charakter des Brunnen- und
Brückenumfeldes scheint aber schon länger verloren
gegangen zu sein.
Nun legen wir aber eine Pause ein und sind wieder einmal bei Henoks
Familie
zum Essen eingeladen. Es schmeckt wieder vorzüglich, und wir
müssen uns nach geraumer Zeit regelrecht hochreißen,
damit sich nicht Faulheit bei uns breit macht und das
Besichtigungsprogramm in Vergessenheit gerät.
Bild
062 + 063:
Zu Gast bei Henoks Familie
Ein starker und selbst gerösteter äthiopischer
Kaffee, gegen den unser "deutscher" Kaffee wie Muckefuck
schmeckt, bringt uns aber wieder in Schwung und wir
können unsere Tour fortsetzen.
Zuerst schauen wir uns noch einmal die alte Pflasterstraße
von oben an, da wir sowieso noch in der Nähe sind und dort
wieder vorbeikommen (vergleiche Bild 058+059).
Bild
064 - 067:
"Sebba
Dereja" - Alte Treppenanlage und Pflasterstraße aus der Zeit
von
Haile Selassie, von der Welete Johanis Street aus gesehen.
Begeben wir uns nun ein Stück bergauf in Richtung Mount
Entoto. Wir folgen schließlich der Intoto Street bis an den
ruhigeren Stadtrand und besichtigen dort die Shiro Meda Holy Trinity
Church (Shiromeda Silasie Bete Kirstian). Ja, es gibt noch so einige
Kirchen in unserem Programm. ;-)
Bild
068 - 072: Shiro
Meda Holy Trinity Church oder Shiromeda Silasie Bete Kirstian
Bild
073 + 074:
Shiro Meda Holy Trinity Church
Unsere Kirchentour von Addis Ababa ist damit natürlich noch
längst nicht abgeschlossen. Addis hat so unglaublich viele
interessante Kirchen, und wird uns wohl noch einige Zeit
beschäftigen, um die "weißen Flecke" auf der
Landkarte etwas schrumpfen lassen zu können.
Von hier aus genau auf der anderen Seite des historischen Stadtzentrums
in Richtung Süden, im Stadtteil Kirkos, nehmen wir nun die St.
Kirkos Church aufs Korn. Zwischendurch halten wir aber zur
Abwechslung noch an ein paar Marktbuden an, um andere Interessen zu
befriedigen.
Die Kidus Kirkos oder St. Kirkos Church liegt genau gegenüber
des großen Kirkos Shopping Centers in einem von vielen
Bäumen bewachsenen Areal. An der Einfriedung entlang befinden
sich einige Marktbuden.
Während sich Henok um eine offizielle Foto- und
Videogenehmigung bemüht, warten wir am Eingangsbereich,
schauen dem Markttreiben zu und lassen die vor Ort erklingende
Kirchenmusik auf uns wirken. In der Nähe der Kirchen gibt es
immer kleine Shops, wo man für wenige Birr, die
schönste Kirchenmusik mit den Gesängen der Priester
auf Kassette, CD oder Video-CD bekommen kann.
Bild
075 - 077:
St. Kirkos Church - Kidus Kirkos
Henok kommt kopfschüttelnd zurück. Es wird keine
Genehmigung erteilt, weder für Foto noch für Video.
So bleibt also nur der Torblick für uns übrig.
Manchmal kann es eben auch falsch sein zu warten. Aber egal, dann eben
keine offizielle Spende in das Kirchensäckel, es gibt ja noch
soooo viele andere interessante Kirchen.
Also fahren wir ohne uns noch länger aufzuhalten zu
unserem letzten Tagesordnungspunkt. Es geht noch ein Stück
weiter nach Süden, bis zum südlichsten Punkt der
Gabon Street. Wir sind nun fast auf einer Linie mit dem Bole
International Airport, der sich noch ein Stück weiter
östlich befindet. Hier steht die Kidus Yared oder St. Yared
Church.
Bild
078 + 079:
St. Yared Church - Kidus Yared
Der
heilige Yared
kommt aus Axum, und lebte vom 25.04.505 bis zum 20.05.571. Es
ist recht erstaunlich wie genau man diese Daten kennt.
Yared gilt als Begründer
der äthiopischen Kirchenmusik. In der Malerei ist
er recht leicht zu erkennen. In der einen Hand trägt
er ein Sistrum und in der anderen einen Gebetsstock.
In der Regel ist auch noch eine Kirchentrommel dargestellt.
Ausgerechnet
bei einer Kirche die dem Vater der Kirchenmusik geweiht
ist, müssen wir anders als sonst, gespenstische Ruhe
feststellen. Das hätten wir nun
gar nicht erwartet. Absolute Stille, nur wenige Besucher, keine
Händler, keine Bittsteller, ... fast gar
niemand. Man hat fast den Eindruck, als wäre die Kirche
außer Betrieb gegangen.
Bild 080: Der heilige Yared (auch Jared)
Bild
081 - 084:
St. Yared Church - Kidus Yared Bild 082 +
083:Abuna
Aregawi der mit Hilfe einer von Gott gesandten Schlange auf
einen Tafelberg (Amba) gelangt, um dort im 6. Jahrhundert
das Kloster Debre
Damo zu erbauen.
Bild
085:
Eines der Zugangstore zum Gelände der St. Yared
Church
Soweit ein paar Eindrücke vom Programm unseres ersten Tages.
Inzwischen ist es 17:00 Uhr geworden, als wir den Rückweg zum
Hotel antreten. Morgen um 8:00
Uhr starten wir dann mit neuem Tatendrang in Richtung Süden
und werden zuerst Addis Alem
besuchen, ein Ort, der fast zu Kaiser Meneliks Zeiten zur
neuen Hauptstadt des äthiopischen Kaiserreiches geworden
wäre.
Copyright: www.reggaestory.de
Fotos: Marion & Peter Joachim
Text + Videos: Peter Joachim