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SUMMERJAM 2010 - 02.07.-04.07.2010
FESTIVALERINNERUNGEN
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Wieder
ist ein gelungenes und wie immer friedvolles Festival vorüber.
Mit 28.000 Besuchern feierte das Summerjam neben dem
25-jährigen Jubiläum auch einen Besucherrekord und
war damit ausverkauft. 25 Jahre Summerjam. Man könnte sagen,
das Summerjam und sein Initiator hatten dieses Jahr Silberhochzeit. |
Hoffen wir, dass der jetzige
Standort der Insel am Fühlinger See, auch noch seine
„Silberhochzeit“ mit dem Summerjam feiern kann, die
seit 1996 der bisher längste Partner des Festivals ist. Es
bleibt allerdings zu wünschen, dass sich der Inhalt des
Festivals von seiner musikalischen Ausrichtung her, nicht noch weiter
verändert und seine ursprünglichen Roots nicht aus
den Augen verliert.
Die im Vorfeld des Festivals geführte Umfrage, ob man lieber
„alte“ oder „neue“ Bands sehen
möchte, war nicht ganz glücklich oder eindeutig
gestellt. Man war der Meinung, dass ja eh schon alle Artists zu Gast
beim Summerjam waren und vielleicht nun etwas anderes gefragt sei.
Trotz dieser ungenauen Fragestellung ging die Tendenz aber mehr als
eindeutig in Richtung „alt“. Was damit auch immer
gemeint ist. Heißt das Artists die schon da waren oder
Artists der alten Garde? Aber ungeachtet dessen, trotzdem
aussagekräftig genug und ein eindeutiger
„Wählerauftrag“ an das Festival. Besser
wäre ein Top-Ranking mit konkreten Artists und Musikstilen
gewesen. Gekommen ist dann aber alles ganz anders. Wo man
früher als „Rootser“ in
Entscheidungsnöte kam, welchen Bühnenplatz man sich
sichern sollte, war es dieses Mal nicht so schwierig. Das Spektrum des
Festivals ist erheblich breiter geworden. Viele neue Bands und andere
Musikrichtungen bis zu HipHop sorgten für ein
verändertes Publikum. Neue Bands sollten natürlich
immer dabei sein, aber ein Festival wie das Summerjam hätte es
gar nicht nötig die alten Pfade zu verlassen. Es
würde auch ohne HipHop laufen – und sogar besser und
ruhiger. Außerdem gibt es mit dem Splash ein eigenes
HipHop-Festival, die ihrerseits die ursprünglich vorhandene
kleine Reggaebühne völlig aus dem Programm genommen
haben. Der authentische Reggae hat aber noch genügend
Potential an grandiosen Artists und auch neuen
Hoffnungsträgern, die mehrere unterschiedliche Festivals
füllen könnten. Viele Reggaefans hätten bei
einem 25-jährigen Jubiläum des Summerjam lieber mehr
Highlights aus der 25-jährigen Geschichte gesehen und wollen
eigentlich keine andere Musik. So zumindest der überwiegende
Tenor der Gefragten. Der Veranstalter könnte zwar sagen:
„Was wollt ihr denn? Den Massen hat es doch gefallen. Es war
ein voller Erfolg!“ Das stimmt natürlich
überwiegend. Aber es ist dabei nicht zu vergessen, dass das
Publikum vielfach ein anderes ist. Jeder Artist und jede Musik hat
seine Fans. Aber viele der alten Reggae Fans sind schon zu anderen
Events abgewandert. Auch auf dem Zeltplatz wird es wegen der
veränderten Zusammensetzung der Festivalbesucher immer
ungemütlicher.
Aber genug der Ängste und Mahnungen und hinein ins Festival
2010.
Nachfolgend nun ein paar detaillierte Festivalerinnerungen die ich
schon zwei Tage vor dem offiziellen Start des Festivals beginne. Um
keinen der Leser zu langweilen, da es ja unterschiedliche Fangemeinden
gibt, hier ein kurzer Überblick zum Verlauf der Story und der
Fotogalerie, die teilweise gesondert aufzusuchen ist.
30.06.-01.07.2010
– Mittwoch und Donnerstag
Vor dem Festival
02.07.2010
– Freitag
Cornadoor, Uwe Banton, Ganjaman, Ohrbooten, Martin Jondo, Lutan Fyah,
Jah Mason, Zareb, Fantan Mojah, Don Carlos, Inner Circle
03.07.2010
– Sonnabend
Jahcoustix, Danakil, General Levy, Easy Star All-Stars, Turbulence,
Luciano, Julian Marley, Capleton, Nas & Damian Marley
04.07.2010
– Sonntag
Smoke, Midnite, Toots & The Maytals
05.07.2010
– Montag
Abreise
Mittwoch
– 30.06.2010
Wie jedes Jahr ist der Zeltplatz erst ab Donnerstag im Eintrittspreis
enthalten, aber schon am Mittwoch zu zirka 98% besetzt. Dies zumindest
besonders in der Nähe vom P2, der Seen 5, 6 und weit bis
hinter der Inselzufahrt um den See 7 herum. Unter diesen
Umständen schaukelt sich die Ankunftszeit der ersten Camper
immer weiter ins Vorfeld des Festivals. Die zusätzliche
Campinggebühr wird da gerne in Kauf genommen. Immerhin will
keiner mehrere Kilometer sein Gepäck um den See herum
schleppen. Allerdings ist zu beobachten, dass immer mehr Camper auf dem
Gelände sind, die überhaupt nicht die Absicht haben,
die Festivalinsel zu besuchen und nur wegen ihrer persönlichen
Party und ihrer kleinen Geschäfte hier aufkreuzen. Die Devise
„Camping ist nur mit gültigem Festivalticket
erlaubt“, ist völlig außer Kontrolle
geraten. Noch am Sonntag wird ohne Festivalbändchen in vielen
Zelten gefeiert und kein Fuß auf die Insel gesetzt. Hier
sollte man sich dringend in den kommenden Jahren etwas einfallen
lassen.


Bei uns ist natürlich alles geregelt, und im Zuge der
Genehmigung als Mediapartner, haben wir auch eine
Durchfahrtsgenehmigung zum P2 bekommen. Das bringt Zeitersparnis und
mindert die Schlepperei. Aber die Rechnung haben wir ohne den
Sicherheitsdienst gemacht. Unsere Papiere mit der offiziellen
Akkreditierung und den weiteren Genehmigungen reichen denen nicht.
„Ihr braucht noch den dreieckigen Aufkleber am Auto! Alles
andere interessiert uns nicht!“, so die Ansage.
„Vorschlag zur Güte. Fahrt auf den offiziellen
Parkplatz und besorgt euch erst einmal den Aufkleber. Heute abend ist
der Pressecontainer schon geöffnet.“, erfahren wir
noch. Was ist denn das für ein Gütevorschlag? Was
bringt uns dann noch die Durchfahrtsgenehmigung? Außerdem ist
nach unseren Informationen der Pressecontainer erst ab Donnerstag
geöffnet. Jetzt haben wir Mittwoch mittag und unser Zelt muss
jetzt aufgebaut werden. Es ist zum Fußnägel
Hochrollen. Mit offizieller Genehmigung wird man nicht durchgelassen,
während die Tage zuvor alle anderen Camper schon ohne
Genehmigung den Zeltplatz zugebaut haben. Wenn wir uns nicht beeilen,
wird das Ganze also wieder in ellenlange Schlepperei ausarten. Zuerst
versuchen wir es aber an der Schranke auf der anderen Seite, nachdem
wir den See umrundet haben. Hier geht es zum Glück
unkomplizierter und die Wachleute kennen wenigstens schon einmal die
offiziellen Akkreditierungsschreiben von Contour. Nach erfolgter
Überprüfung und Notierung des Autokennzeichens
öffnet sich nun doch noch die Schranke für uns. Wir
sind erleichtert.
Vielleicht sollte man künftig an den Kontrollpunkten eine
Liste, sortiert nach Akkreditierungsnummer oder Name, dem
Sicherheitsdienst zur Verfügung stellen. „Jedes Jahr
das selbe Problem!“, sagt ein Kontrolleur sichtlich genervt.
„Dabei wäre das so einfach!“ Auf dem P2
ist noch Platz ohne Ende, aber auf dem angrenzenden
Zeltplatzgelände ist so gut wie keine Lücke mehr. Mal
ausgenommen von den wenig gefragten Flächen in unmittelbarer
Toilettennähe. Wir haben trotzdem noch Glück und
ergattern einen der letzten freien Plätze. Der Ärger
und Zeitverlust an der ersten Schranke ist somit schnell vergessen.
Vielleicht sollten wir beim nächsten Mal Kontakt zum Besitzer
eines weinroten Jeeps mit „DN“ Kennzeichen
aufnehmen. Der hatte schon den begehrten dreieckigen Aufkleber und hat
sogar Camper mit dem Auto bis auf die gewünschte
Zeltplatzstelle gefahren. Ein Mann mit grauer Kurzhaarfrisur und
Sonnenbrille schlendert um das Auto herum, ein Scheinchen wird
herüber gereicht und ab geht es wieder. Das ist
natürlich nicht Sinn und Zweck einer Durchfahrtsgenehmigung
und schon gar nicht bis auf dem Zeltplatz.
Auf der Brücke zum P1 sind ähnliche
Zustände. Es ist inzwischen schon 18:30 Uhr. Selbst Artists,
die jedermann bekannt sind und schon regelrecht zum Summerjam Inventar
gehören, werden nicht durchgelassen. Der Circus Changhigh
diskutiert verzweifelt mit dem Sicherheitsdienst und schüttelt
immer wieder fassungslos den Kopf. Jean Ascher hat auch alle
zurückliegenden Kennmarken und Genehmigungen dabei, aber
nichts hilft. Nun, der Sicherheitsdienst ist ja zu verstehen, wenn
deren Anweisungen so formuliert sind, aber nach so vielen Jahren
Summerjam sollte für derartige Dinge eine einfache
Lösung zu praktizieren sein. Ich will die Situation im Bild
festhalten. Jean Ascher ist einverstanden aber der Sicherheitsdienst
protestiert und will mich behindern. „Dann müsst ihr
eben aus dem Bild gehen, wenn ihr nicht wollt!“, sage ich und
lass mich nicht beirren. Alle stieben auseinander und Jean steht
plötzlich allein auf der Brücke. Keine Ahnung wie die
Sache ausgegangen ist. Auf alle Fälle sollte das aber ein
leicht vermeidbarer Ärger sein. „Viel Erfolg
noch!“, wünsche ich ihm und gehe meines Weges.

Wie sich am Abend dann noch herausstellt, ist die Öffnung des
Pressecontainers wirklich nur ein Gerücht. Niemand ist zu
sehen dort außer ein paar weitere Besucher wie wir, die den
Hinweisen des Sicherheitsdienstes mal nachgegangen sind.
Donnerstag
– 01.07.2010
Viel Zeit für ausgedehnte Erkundungen. Auf dem P2 werden am
Vormittag noch die letzten Handgriffe am großen Partyzelt
ausgeführt. Die ersten Verpflegungsstände sind auch
schon geöffnet. Die Anreise der Festivalbesucher ist weiterhin
in vollem Gange und man kann die abenteuerlichsten Transportkreationen
jetzt bewundern. Die Sonne brennt erbarmungslos. Das macht Durst und
Lust aufs Wasser. Schön, wenn man schon alles fertig hat.

Bild 1: Das
Partyzelt auf P2
Bild 2:
Transportideen sind gefragt. Wer bietet mehr?
Am P3 wurde wieder eine Be- und Entladespur eingerichtet. Dadurch hat
sich die Verkehrssicherheit im Umfeld des Festivalgeländes
deutlich verbessert. Die abgesperrten Straßenränder
werden dadurch nun weitestgehend akzeptiert.

Bild 1: Be-
und Entladespur
Bild 2:
Eingang zum Familiencamp
Das Freibad wurde dieses Jahr völlig fürs Campen
gesperrt. Es wurde lediglich eine Teilfläche mit gesondertem
Zugang abgetrennt und für Familien mit Kindern reserviert.
Gemeint sind allerdings Kleinkinder. 15 EUR pro Erwachsenen kostet das
zusätzlich. Voriges Jahr war noch das Zelten im gesamten
Freibad ab Donnerstag erlaubt. „Von dem Geld haben wir aber
nichts gesehen. Das hat alles die Stadt Köln
bekommen!“, klagt ein Mitarbeiter des
Freibadpächters. „Auch mit dem Einlassdienst hat das
nicht richtig geklappt. Am Ende ist der eingeschlafen und jeder ist
rein wer wollte. Daher machen wir das dieses Jahr selbst. Der
abgetrennte Teilbereich ist gesondert an den Veranstalter
verpachtet.“ Das Freibad macht einen schöneren
Eindruck als sonst. Alles sieht neu und einladend aus. „Wir
haben viel geleistet hier. Tonnenweise echten karibischen Sand haben
wir anfahren lassen und am Strand eingebaut. Unzählige
Quadratmeter Laminat verlegt, Wandverkleidungen angebracht, Palmen
besorgt … und und und.“, berichtet er nicht ohne
Stolz. Den Ärger mit den Campern sind sie jedenfalls los.
Am gesonderten Eingang zum Familienbereich höre ich die
üblichen Diskussionen, hauptsächlich von den
afrikanischen Besuchern. Warum eigentlich? Man kann es sich kaum
anhören. „Meine Frau kommt noch morgen mit den
Kindern nach!“, oder lauter erwachsene Leute werden
plötzlich zu einer Familie. Dann heißt es auf
einmal: „Wieso? Kind ist Kind, egal wie alt – wir
sind doch eine Familie!“ Und das Ganze natürlich
immer fordernd, drohend und schimpfend. Der Sicherheitsdienst ist nicht
zu beneiden. Ich gehe lieber weiter und schaue mir friedlichere Szenen
an, die es ohne Ende zu entdecken gibt.







Nach 19:00 Uhr geht es dann noch einmal zum Pressecontainer, um nun
wirklich unseren Aufkleber und die Eintrittsbändchen zu holen.
Alle Guests und akkreditierten Presseleute sind zu einer Spende von
5,00 EUR für den gemeinnützigen Verein HELP Jamaica! e.V.
aufgerufen. Somit leisten wir mit unseren 10 EUR auch einen kleinen
Beitrag für öffentliche Bibliotheksprojekte in
Jamaika. Wer darüber hinaus den Verein unterstützen
möchte, sollte Kontakt über deren Website aufnehmen. (Über Spenden von
Ehrengästen und Besuchern kamen letztendlich 1.500 EUR bis zum
Ende des Festivals zusammen.)

Am Abend ist wieder große Welcome-Party im großen
Zelt auf dem P2. Wie erwartet eine tolle Sache – Platz
für Alle, ordentliches Zeltklima, sauberes Umfeld und
natürlich Reggae auf die Ohren bis zum abwinken.
Freitag
– 02.07.2010
Kurz vor Eröffnung des Festivals ertönen
Trommelwirbel von einer über den See schwimmenden Plattform.
Die Trommler werden lautstark bei jeder Pause bejubelt, bevor sie den
nächsten Ortswechsel vollziehen. An den Ufern werden spontane
Tänze dazu aufgeführt. Die Hitze ist wieder
erdrückend und kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen.
Dementsprechend hoch ist auch das Badebedürfnis an den Seen
und im Freibad.


Ab 14:00 Uhr wird die Festivalinsel eröffnet und der Run auf
die Basarstände beginnt. Irgendetwas Neues findet man
bestimmt, auch der langjährige Festivalbesucher.
Laut Programm ist Cornadoor auf
der Red Stage der Opener des Festivals. Cornadoor ist ein Newcomer der
letzten Jahre von dem mir besonders Tunes wie „This
One“, „Here I Am“ und ein paar andere in
den Ohren liegen. Er kommt aus Deutschland und wird nach dem Summerjam
noch nahezu auf allen hiesigen Festivals auftreten. So gibt es fast
flächendeckend die Gelegenheit ein Konzert von ihm anzusehen.


Nach einiger Zeit geht es jedoch zur Green Stage, da dort nur 5 Minuten
später Uwe
Banton und Ganjaman eröffnen.
Ganjaman führt inzwischen zum vierten Mal auf der Green Stage
als Moderator durchs Programm. Als wir eintreffen ist die Massive schon
voll in Stimmung. Als Backing Band darf die Berliner Feueralarm Band nicht
unerwähnt bleiben, die einen klasse Sound abliefert. Ein
Blickfang auf der Bühne ist auch Uwe Bantons
Backgroundsängerin.
Seit Uwes 2006-er Album „Jah Roots“,
gehört er für mich zu den besten einheimischen
Roots-Reggae Vertretern. Mit „Rightful Place“
folgte voriges Jahr die nächste Roots-Reggae Scheibe, und die
Fans können sich kaum entscheiden, welches der beiden Alben
das bessere ist. Auch Ganjaman hat mit „Das gleiche alte
Lied“ im vorigen Jahr ein neues Album herausgebracht und mit
einer gleichnamigen Tour im Herbst letzten Jahres ausgiebig beworben
(Mehr zu dieser Tour hier).
Inzwischen ist schon wieder ein neues Album in Arbeit. Der Auftritt von
Uwe Banton und Ganjaman ist gewohnt gut und für mich die beste
Einstimmung auf das Festival (Einen weiteren Bericht mit Uwe Banton aus
2009 gibt es hier).





Im Anschluss soll es mit Martin Jondo auf
der Green Stage weiter gehen. Martin Jondo war schon voriges Jahr beim
Summerjam aufgetreten. Allerdings nur mit Gitarre und einer weiteren
Gitarrenbegleitung. Dieses Mal ist er mit Band am Start. Martin Jondo
ist in Berlin als Sohn eines deutschen Vaters und einer
südkoreanischen Mutter aufgewachsen. Seine musikalische
Karriere begann im Jahr 2001 als er seinen ersten Song „Der
Rebell“ schrieb. Einige Jahre später hat er mit
„Rainbow Warrior“ einen Hit gelandet und brachte
2006 sein Debütalbum „Echo &
Smoke“ heraus. „Pure“ ist sein
vorjähriges Werk, welches ein Akustikalbum ist und somit auch
den Eindruck vom vorjährigen Summerjam-Auftritt gut
wiedergibt. Ab 16.07.2010 wird es nun das neue Album „Sky
Rider“ geben. Eine Hörprobe gibt es unter Anderem hier.
Bevor das Konzert beginnt, schaue ich noch einmal kurz an der Red Stage
nach, wie sich dort die Ohrbooten präsentieren.
Die Ohrbooten kommen aus Berlin und haben sich Pop, Reggae und HipHop
auf die Fahne geschrieben.



Reichlich bunt die Truppe. Rote, violette
und pinkfarbene Blumen schmücken die Instrumente und die
Musiker stehen offenbar auch auf grelle Farbkontraste in
türkis, grün, violett usw.. Die Musik selbst passt
nicht so recht in meine Geschmacksrichtung, was mich ganz schnell
zurück zu Martin Jondo bringt.


Die nachfolgenden Acts auf der Green Stage lassen dann eh keinen
Ausflug mehr zu und ein ordentlicher Platz ist auch noch einzunehmen.
Martin Jondo hat dort seine Fans inzwischen voll in Griff.
Höhepunkt seiner Show und bereits vielfach aus dem Publikum
gewünscht, ist natürlich „Rainbow
Warrior“.
Mit Lutan Fyah aus
Jamaika geht die Stimmung aber erst so richtig in die Höhe.
Das Publikum hat sich allerdings in der Umbaupause in großen
Teilen ausgewechselt. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich Lutan
Fyah zum letzten Mal gesehen habe. Inzwischen hat er unzählige
Hits herausgebracht und steht mit an vorderster Front der besten
jamaikanischen Roots Reggae Artists. Die Begeisterung im Publikum ist
entsprechend. Während der ganzen Show ist ununterbrochener
Jubel und Getröte zu hören, dass man von der Musik
selbst nicht mehr allzu viel hören kann. Von Beginn der Show
an, hat Lutan sichtlich Probleme mit seinen Turban und muss ihn
ständig festhalten. Irgendwann reicht es ihm und er
überwindet sich. Er streift den Turban ab. Nun ist alles zu
spät – die Massive ist völlig aus dem
Häuschen. Erstmalig zeigt Lutan Fyah in der
Öffentlichkeit seine Dreads. Ein schönes Geschenk an
seine Fans und das Summerjam.
(Einen Bericht mit Lutan Fyah aus dem Jahr 2006 gibt es hier.)




Ohne Pause geht es dann gleich weiter mit Jah Mason.
Auch Jah Mason kommt aus Jamaika und kann schon auf mindestens 17 Alben
verweisen, die mit vielen Hits bestückt sind. Als Backing Band
spielt weiterhin Dub
Akom aus Frankreich. Mit Faby, der Frau am Bass, ist
die Band sofort zu erkennen. Die Stimmung der Massive ist fast genau so
gut wie bei seinem „Vorsänger“,
unterscheidet sich aber nur minimal.
Jah Mason präsentiert mit seiner unverwechselbaren Stimme, die
ein klein wenig an Capleton erinnert, viele seiner Hits, wobei
natürlich „Princess Gone“ nicht fehlen
darf. Nach diesem Nummer-1-Hit kommt erst einmal der
Bühnenabgang. Die Massen feiern Jah Mason lange, die Band
steht noch unschlüssig da, als würde es noch weiter
gehen. Diese Szene kommt mir irgendwie bekannt vor. Erst
kürzlich bei seiner diesjährigen Show in Berlin, war
dies sein grußloser Abschied (Mehr zu diesem Gig hier).


Ich glaube nicht, dass er wieder kommt. So ist es auch. Wir werden aber
nie erfahren wie es gewesen wäre, wenn nicht
plötzlich der Strom auf der gesamten Insel ausgefallen
wäre. Ganjaman kommt nach vorn und schreibt Zettel
fürs Publikum. Nix geht mehr, kein Mikro, einfach gar nichts.
Was sind wir nur ohne Strom!?


Während fieberhaft am Stromproblem gearbeitet wird, beginnt
natürlich parallel der Bühnenumbau, um den weiteren
Zeitplan nicht zu gefährden. Die House of Riddim Band
richtet sich auf der Bühne ein. Die House of Riddim Band kommt
aus Österreich und ist eine der besten Backing Bands aus ganz
Europa. Die Liste der Artists, mit denen Sie schon zusammengearbeitet
haben ist lang. Nicht zu vergessen sind auch deren eigene
Schöpfungen an erstklassigen Roots Riddims, die unverkennbar
sind.
Nächster Act soll Fantan Mojah sein.
Der Zeitplan wird gehalten und der Strom ist wieder da. Es hatte die
Hauptsicherung der Insel rausgehauen. Aber zuerst kommt Zareb auf
die Bühne, der gar nicht angekündigt war. Fantan
Mojah und Zareb kommen beide aus Jamaika. Während Fantan Mojah
mit seinem 2005-er Debütalbum „Hail The
King“ den Modern-Roots Sektor kräftig aufmischte und
ab sofort zum Star wurde, muss Zareb noch ein wenig kämpfen.
Gute Unterstützung bekam Zareb bisher von Pow Pow Productions,
die mit ihm sein gelungenes Debutalbum „Authentic
Love“ produzierten. Seit dieser Zeit ist
er weltweit auf zahlreichen Shows gemeinsam mit Fantan Mojah zu
erleben, hat aber auch schon vorher mit ihm als Mr. Flash
zusammengearbeitet. Zareb tritt barfuß auf und bringt eine
kleine Auswahl aus seinem Repertoire zur Einstimmung. Gut gelaunt spult
er sein Programm ab und erklimmt sogar die Boxen, bevor ihm Fantans
Stimme aus dem Hintergrund in den Text fällt. Das passte wie
die „Faust aufs Auge“, natürlich im
positiven Sinne. Die Massive johlt auf und Zareb schießt
lachend über die Bühne, so als müsste er
sich verstecken.



Kurz darauf erscheint Fantan Mojah auf der
Bühne. Er hat wieder einen Rucksack auf dem Rücken,
legt ihn aber kurz darauf ab. Fantan ist der perfekte Live Performer.
Gesanglich kann man bei ihm kaum einen Unterschied zu den
Studioaufnahmen feststellen. Er ist eine der besten Stimmen des
diesjährigen Festivals. Soviel kann man durchaus schon jetzt
sagen. Die Stimmung ist perfekt, „Hail The King“,
„Stronger“, „Hungry“ oder
„Murderer“, nur um einige zu nennen. Die Liste
seiner Hits ist lang. Dann wiederholt er doch tatsächlich
seine Einlage vom Summerjam 2007. Die Massive ist auf dem Siedepunkt,
als sich Fantan Mojah entkleidet und seinen nackten Bauch zur Musik
erzittern lässt. Dann sucht sich Fantan auch noch zwei Fans
aus dem Publikum aus, die der Sicherheitsdienst auf die Bühne
bringen muss. Sie sollen sich küssen – ob sie wohl
auch wirklich zusammen gehören? Die weitere Show
können sie dann vom Bühnenrand verfolgen. Zum
Glück – denn den Platz in der ersten Reihe vor der
Bühne würden sie ganz sicher nicht mehr erreichen.
Eine tolle Show geht zu Ende. Die Nachfolger des heutigen Abends werden
es schwer haben. Einen gesonderten Bericht zu Fantan Mojah aus dem Jahr
2008 gibt es hier.






Nach der Umbaupause ist Don
Carlos & Dub Vision an der Reihe. Don Carlos
kommt ebenfalls aus Jamaika, ist eine Legende der alten Schule und
gehörte zur 1972-er Originalbesetzung von Black Uhuru. Zur
Ruhe gesetzt hat er sich aber noch lange nicht. Mit „Changes“ gibt
es sogar ein neues diesjähriges Album. Zu Beginn ist die Show
von Don Carlos etwas ruhig und seine Stimme geht ein wenig unter. Dann
wird er aber immer besser und mit dem alten Black Uhuru Style wird es
dann so richtig schön. Stücke des neuen Albums
dürfen natürlich auch nicht fehlen. „I Love
Jah Jah“ dürfte sich davon besonders
einprägen.


Zum Abschluss des Abends gibt es dann mit Inner Circle eine
weitere Legende die ursprünglich aus Jamaika kommt. Von
Ganjaman werden sie als der absolute Höhepunkt des Tages
angekündigt. Nun, das muss er wohl so sagen, in der Regel ist
das auch die letzte Show des Abends. Aber nach 1980 (zeitweilige
Auflösung) und dem tödlichen Verkehrsunfall von Jacob
Miller, an dessen Zufall bis heute immer noch Zweifel bestehen, hat
sich Inner Circles Reggae Style gewaltig verändert und ist
nicht mehr so authentisch. „A La La La La Long“
eben, wobei einem dieser Track durch Dieter Bohlens 2010-er
Coverversion (Mark Medlock und Mehrzad Marashi) auch noch erheblich
verübelt worden ist. Mit diesem Hit, der eigentlich
„Sweat“ heißt, dürften sie aber
nach der Jacob Miller Ära den bisher
größten Erfolg gehabt haben. Sogar in Deutschland
kamen sie damit 1992 auf Platz 1 der Charts. Als Sänger der
Band steht nun Junior
Jazz aus den USA auf der Bühne. Weiterhin
die Brüder Ian und Roger Lewis, wobei
„stehen“ bei Roger zu viel gesagt ist. Den
überwiegenden Teil der Show muss er sitzen. Für ein
Schwergewicht wie ihn, ist die Belastung sonst zu groß.
Lancelot Hall bearbeitet die Drums und Bernard
„Touter“ Harvey steht an den Keyboards. Die
Beleuchtung der Bühnenshow ist mehr als mangelhaft. Man
erkennt kaum etwas, und die überwiegende Zeit stehen die
Artists in der Finsternis.



Erstaunlich, dass sich der WDR nicht
beschwert, der gerade mit mehreren Kameras Aufnahmen für den
Rockpalast macht. Am mittleren Filmpodest gibt es ein paar
Unstimmigkeiten mit einem weiteren Filmer, der auch eine Genehmigung
hat, aber letztendlich dann doch das Feld räumen muss.
Rockpalast geht eben vor. Hoffen wir, dass wir im Fernsehen mehr von
der Band sehen können. Die Sendetermine gibt es hier.
Glücklicher Weise gibt die Band noch im Anschluss des Konzerts
eine Pressekonferenz. Leider nehmen die Brüder Ian und Roger
Lewis nicht daran teil.


Ein toller erster Festivaltag geht damit zu Ende. Allerdings finden wir
auch in der Nacht kaum Ruhe. Der Lärm auf dem Zeltplatz und
die vielen Partys verstummen erst im Morgengrauen. Ganz so doll war das
eigentlich noch nie.
Sonnabend
– 03.07.2010
Trotz Übermüdung und dringendem
Schlafbedürfnis treibt einen die Sonne schon kurz nach 8
wieder aus dem Zelt. Die Hitze ist am Morgen schon höchst
unerträglich. Wie wir später erfahren, wird das der
bisher heißeste Tag des Jahres mit bis zu 37,1 Grad Celsius.
Ich bin wie gerädert, und komme mir vor, als hätte
ich unendlich einen gehoben. Wir rücken unsere Luftmatratzen
dem Zeltschatten hinterher und versuchen noch ein paar
Minütchen Schlafnachschlag zu bekommen. Jetzt ist es
erstaunlich ruhig. Aber das währt nicht lange. Vielleicht eine
Stunde später gehen die ersten Player wieder an und ein paar
ganz Verrückte müssen auch noch unbedingt ihre
Morgengrüße mit der Vuvuzela in den Himmel blasen.
Der diesjährigen Fußball WM „sei
Dank“.
Im See und Freibad herrscht heute Hochbetrieb. Kurz vor Mittag wird
dann wieder von der schwimmenden Plattform der zweite Festivaltag
eingetrommelt.




Dann gibt es auch noch ohrenbetäubenden
Lärm vom Freibad her. Die treiben doch tatsächlich
Missbrauch mit der Sirene!?
Lang anhaltender Dauerton! Das ist nicht mehr witzig. Etwas
später dann noch einmal mit ständig auf- und
abschwellenden Signalton. Die armen Badegäste im Freibad. Wir
sind ein Stück weg, und trotzdem ist die Sache
unerträglich. Viele halten sich die Ohren zu. Dem
Verrückten im Freiband scheint es offenbar Spaß zu
machen, denn es gibt ein wenig später noch eine dritte
Vorstellung mit lang anhaltenden Dauerton.

Bild 1:
Infocontainer auf dem P2
Bild 2:
Eingang zur Festivalinsel an der
Fußgängerbrücke
Heute steigen wir erst bei Jahcoustix in
das Programm ein.
Jahcoustix kommt aus München und hat viele Jahre seiner Jugend
als Angehöriger einer Diplomatenfamilie im Ausland verbracht.
Darunter waren auch ca. 5 Jahre in Kenia. Dort entstand seine Liebe zum
Reggae. Inzwischen gehört Jahcoustix zur Speerspitze des Roots
Reggae in Deutschland. Es ist immer wieder von Neuem ein Genuss, ihn
auf der Bühne zu erleben. Er ist der zweite Programmpunkt auf
der Green Stage, den wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Jahcoustix tritt dieses Mal mit der Yard Vibes Crew auf.
Eine Band aus Deutschland mit Musikern aus Barbados, St. Lucia, Haiti
und natürlich Deutschland. Wie erwartet liefert Jahcoustix
wieder ein tolles Programm ab. Die Massive feiert ausgelassen mit und
lässt sich von der Hitze nicht unterkriegen. Wer kein Handtuch
mitgebracht hat, lässt nun eben sein T-Shirt kreisen. Einen
weiteren Bericht zu Jahcoustix aus dem Jahr 2008 gibt es hier.






Danach ist erst einmal Bühnenwechsel angesagt. Der
nächste uns interessierende Act ist Danakil und
General
Levy. Danakil kommt aus Frankreich, war schon im vorigen Jahr
dabei, und ist damit zum zweiten Mal beim Summerjam. Der Auftritt von
Danakil und deren Frontmann Balik könnte nicht theatralischer
sein. Das französische Fernsehen, welches seinen Auftritt
ebenfalls filmen möchte, wird zufrieden sein. Mit gewaltigen
Blitzen und lauten Donnerschlägen zieht zeitgleich ein
kräftiges Gewitter auf. Der erste erfrischende Regen
kühlt die erhitzten Gemüter ab.



Für General
Levy, der innerhalb der Show von Danakil auftritt, legt der Regen noch
einmal eine Pause ein. Am Himmel braut sich aber weiter etwas zusammen.
Ausgerechnet heute liegen die Regenmäntel im Zelt. Damit
hatten wir nicht gerechnet. Als Camper kennt man eben keinen
Wetterbericht. Ich werde sie nun doch lieber holen gehen.

Gegenüber der Green Stage ist für alle
Fußballfans ein großer Fernsehbildschirm in einem
roten Gastronomiewagen aufgestellt. Ein Großteil der davor
sitzenden Zuschauer ist bereits in rote Regenmäntel
eingehüllt. Deutschland gegen Argentinien ist hier der
Knüller des Tages. Es steht bis jetzt 1:0 für
Deutschland.

Ein wenig später bricht ein Wolkenbruch mit aller Kraft
über das Summerjam herein. Gerade bin ich mit den
Regenmänteln zurück vom Zeltplatz. Jetzt ist gewaltig
Bewegung auf der Insel. Viele flüchten in die
Basarstände, alle Toiletten sind mehrfach besetzt, die Deckel
von Müllcontainern werden umgeklappt bis das aufgefangene
Wasser für die darunter sitzenden zu schwer wird und nicht
mehr zu halten ist. Hauptverkehrsenge ist jetzt der Weg zum Dancehall
Zelt. Auch dort ist eine große Fußballleinwand
aufgehängt. Aber es ist vergebens. An den Eingängen
stehen die Leute wie eine Mauer und das Wasser stürzt in
Strömen vom Dach auf die Neuankömmlinge. Keine Maus
könnte mehr hinein schlüpfen – zumindest im
Bereich der Eingänge. Inzwischen ist alles zu spät.
Die meisten sind nass bis auf die Haut. Alle nehmen es aber gelassen.
Manche tanzen im Regen oder „blicken“ mit
geschlossenen Augen genießerisch still dastehend in den
Himmel. Was wird sich wohl vor den Bühnen abgespielt haben?
Vielleicht gibt es ja noch später im Fernsehen die passenden
Bilder dazu.
Erst später bei den Easy Star All
Stars nehmen wir wieder unsere Plätze vor
der Red Stage ein. Die Band kommt aus den USA und covert auch Songs der
Beatles und Pink Floyd. Bekannt sein dürften sicher die Alben
„Easy Star´s Lonely Hearts Dub Band“ und
„Dub Side of the Moon“. Die Studioaufnahmen klingen
aber bedeutend besser. Die Klangfülle ist live offenbar nicht
so recht umzusetzen. Auf alle Fälle ein völlig neues
und interessantes Klangerlebnis die Beatles und Pink Floyd Klassiker im
Reggae Style zu hören.


Nach der Umbaupause soll es mit Turbulence und
Luciano weiter
gehen. Beide kommen aus Jamaika und sind seit langem erfolgreich im
Geschäft. Das Wetter sieht inzwischen zum Glück
wieder besser und beständig aus. Es hat sich aber erfreulicher
Weise etwas abgekühlt. Eigentlich sollte ja an dieser Stelle
Tony Rebel und Queen Ifrica auftreten, aber die Änderung ist
gut so. Immerhin waren Tony Rebel und Queen Ifrica mit ihrer
„Montego Bay Tour 2010“ schon im Januar und Februar
in Europa und auch hier in Deutschland unterwegs. Bei Luciano liegt es
zwar auch nur ein paar Wochen länger zurück, aber bei
ihm gab es nicht so viele Gigs und diese wiederum nur mit Soundsystem.
Ja und bei Turbulence liegt es schon über ein Jahr
zurück, als er gemeinsam mit Cocoa Tea auf seiner
„Obama-World-Tour“ zu sehen war. Als Backing Band
erleben wir heute die Mafia
& Fluxy Band. Mafia & Fluxy sind
legendär, kommen aus England und sind das beste Drum &
Bass Team der britischen Insel. Sie haben auch ein Label am Start und
haben schon zahlreiche Produktionen mit den verschiedensten Artists
heraus gebracht. Schön sie einmal zu sehen. Entsprechend
werden sie natürlich immer wieder namentlich erwähnt
und in Szene gesetzt. Zumindest ist das bei Mafia der Fall. Fluxy kann
ja von den Drums in der Regel nicht weg. Turbulence hat anfangs seinen
Kopf unter einem braunen Handtuch versteckt. Er wird doch nicht etwa
auch seine Dreads zeigen wollen? Aber nein, wie gewohnt kommt
später darunter sein Turban zum Vorschein. Der Sinn dieser
Maskerade bleibt deshalb ein wenig unklar. Gefeiert wird er trotzdem
genug. Leider kann er nur ein kurzes Programm präsentieren.
Das war schon beim letzten Mal so, da er bei einem gemeinsamen
Programmpunkt mit Größen wie Sizzla (2007) und nun
mit Luciano, nur eine Eröffnungsrolle spielen kann. Turbulence
hätte allerdings genügend Material und erfolgreiche
Hits, um eine eigene Show präsentieren zu können.
Weitere Berichte auf dieser Seite, in denen Turbulence vorkommt findet
ihr hier: 2006 Berlin,
2007 Summerjam, 2009
Berlin.




Dann kommt Luciano auf die Bühne, heute einmal ganz in rot.
Luciano „The Messenjah“ gehört zu den
besten Roots & Culture Vertretern, die Jamaika
gegenwärtig zu bieten hat. Für ihn wäre es
nahezu unmöglich alle seine Hits in einer Show
präsentieren zu können. Luciano ist einer der
Höhepunkte des Festivals und des Tages. Er bringt einen
Knaller nach dem anderen, schießt zwischendurch wieder einen
Salto auf der Bühne und die Massive ist auf dem
Höhepunkt. Immer wieder schaut er an der Bühnenkante
hinunter und bereitet offenbar eine weitere Einlage vor. Und
tatsächlich springt er bald darauf vom Bühnenrand in
den Fotograben. Über die Filmpodeste würde das zwar
einfacher gehen, ist ihm aber offenbar nicht spektakulär
genug. Jetzt kocht es vor der Bühne. Man versteht weder
Lucianos noch sein eigenes Wort kaum noch. Er steuert direkt auf uns zu
und steigt an der Absperrung hoch. Wir werden in die Zange genommen und
fast aufgerieben. Von vorn scheuert mir Lucianos Jacke übers
Gesicht und von hinten schieben und quetschen die Massen. Jetzt
heißt es nur noch festhalten. Keine Chance irgendein Foto zu
schießen. Lange kann das aber auch Luciano nicht durchhalten,
sonst landet er irgendwann in der Massive. Ehe der Sicherheitsdienst
aufgeregt in der Szene erscheint, hat sich Luciano aber schon vom
Geländer gelöst und klettert die Bühne
wieder hinauf. Ja, bei Luciano gibt es immer etwas zu erleben. Einen
weiteren Bericht zu Luciano aus dem Jahr 2009 findet ihr hier.



Nächster Programmpunkt ist Julian Marley &
Uprising. Julian Marley kommt ursprünglich aus England und ist
erst später nach Jamaika umgesiedelt. Julian ist zwar ein Sohn
von Bob Marley, aber die Mutter ist mit Lucy Pounder, eine seiner
zahlreichen Liebschaften und nicht seine Frau Rita. Julian
fühlt sich dem Erbe seines Vaters verpflichtet und
präsentiert in seinen Shows, neben den eigenen Werken, viele
der alten Bob Marley Klassiker. In seiner Stimme und an seinem
Aussehen, hat er auch einiges von seinem Vater geerbt. Zu viele
Vorschusslorbeeren, wie so oft gehört, sollte man aber nicht
verteilen. Der Name Marley ist aber noch lange keine Garantie
für erstklassigen Reggae. Mit seinen bisher
veröffentlichten drei Studioalben, die auch teilweise sehr
gelobt worden sind, ist das Hitpotential jedoch nur dünn
gesät. Besonders einprägsam sind dort lediglich
„Jah Works“ vom 2009-er Album
„Awake“ und „Lion In The
Morning“ vom 1996-er Album „Lion In The
Morning“. Trotzdem ist es eine perfekte Show. Die
eingestreuten Hits von Bob Marley laden zum Träumen ein. Der
Sound der Uprising Band und Julians Performance schaffen eine
schöne Illusion. Man hört sofort an den ersten
Klängen, wenn ein Bob Marley Klassiker einsetzt. Diese Musik
ist nach wie vor unerreicht. Julian lässt seine Dreads
fliegen, so dass man am liebsten jeden Moment in Zeitlupe noch einmal
sehen möchte. Ein toller Anblick. Zwischendurch gibt es dann
auch noch mit seinem Halbbruder Damian Marley eine kleine Einlage, was
in der Massive Begeisterungsstürme aufbrausen lässt.








Vor der Bühne ist keine Luft mehr und Platzwechsel sind jetzt
nicht mehr möglich. Auch das Abducken auf dem Boden in der
Umbaupause, um sich mal entlasten zu können, ist jetzt nicht
mehr möglich. In den vordersten Reihen sind die Fans
geschichtet wie die Ölsardinen in der Dose. Aber das ist nun
mal der Preis, wenn man das gesamte Konzert aus erster Nähe
erleben möchte. Den nachfolgenden
„Fireman“ Capleton, der
sich auch King Shango nennt, dürfen wir um keinen Preis
verpassen. Sein letzter Auftritt beim Summerjam liegt mit dem Jahr 2004
schon sehr lange zurück. Wir sind froh ihn heute erleben zu
können. Nach der ganzen leidigen Homophobie Debatte und den
unschönen Aktionen um Sizzlas Deutschlandtermine im vorigen
Jahr, hätten wir nicht im Traum daran gedacht, dass wir
Capleton in der nächsten Zeit sehen können. Immerhin
ist auch Capleton eines der Feindbilder des LSVD. Capleton kommt
wiederum aus Jamaika und gehört gemeinsam mit Sizzla und
Anthony B zur Speerspitze des Roots Reggae von Jamaika. Er ist jedoch
gleichermaßen stark mit Dancehall Tunes zu hören.
Zur Einstimmung gibt es aber erst einmal Jah Thunder zu
sehen, der ebenfalls Jamaikaner ist.

Capleton erscheint kurz danach auf
der Bühne mit einer Deutschlandfahne in der Hand und
gratuliert zuerst einmal den deutschen Fans zum 4:0 gegen Argentinien.
Eine schöne Geste und natürlich ein tolles Ergebnis.
Nun weiß es auch der Letzte. Anschließend wirft er
die Fahne zu den Fans. Capleton der „Fireman“ macht
seinem Namen alle Ehre und legt eine feurige Show hin. So viele Hits
hintereinander, einfach unglaublich. Schön auch, dass er den
Knaller „Jah Jah City“ gleich mit am Anfang bringt,
bevor die Fernsehkameras vom Rockpalast wieder abgebaut werden. Der
gesamte Auftritt wird eben leider nicht aufgenommen. Zwischendurch
bringt Capleton wohl dosiert auch einige Dancehall Tunes und ein paar
ruhige Stücke für die Feuerzeuge, so dass es eine
perfekt ausgewogene und vielseitige Show wird. Auch seine Laune
könnte nicht besser sein. Immer wieder zeigt er sein
schönstes Lachen, was man auch nicht alle Tage sieht.






Letzter Programmpunkt des Tages auf der Red Stage ist Nas &
Damian
Marley. Die beiden sind zwar als Highlight und mit als
Headliner des Summerjam angekündigt, aber als Roots Reggae
Liebhaber kann man sich dieser Meinung auf keinen Fall
anschließen. Immerhin ist Nas ein klarer Vertreter des HipHop
und kommt aus New York. Damian Marley ist wie Julian ein Sohn von Bob
Marley, hat aber mit Cindy Breakspeare (auch eine Liebschaft von Bob
Marley), wiederum eine andere Mutter. Geboren wurde er 1978 in Kingston
und ist damit Bobs jüngster Sohn. Seinen Durchbruch hatte
Damian mit seinem grandiosen Tune „Welcome To
Jamrock“ auf dem „Worldjam-Riddim“. Der
überwiegende Teil seines Schaffens bewegt sich jedoch in eine
andere Richtung. Obwohl sich Damian auf seiner Website den Reggae auf
die Fahne geschrieben hat, hört man nicht sehr viel davon.
Dancehall und Anderes behalten eindeutig die Oberhand. Die Show ist
dann auch genau wie erwartet. Jeder macht sein Ding. Einen neuen
Musikstil haben die Beiden nicht kreiert. Nas kommt mit HipHop und
Damian mit seiner Musik daher. Dann doch lieber nur Damian. Die
Finsternis auf der Bühne gibt einem noch den Rest. Nichts
sieht man richtig. Es ist die glatte Erholung wenn es mal zwischendurch
ein Bob Marley Stück und natürlich Damians
„Welcome To Jamrock“ gibt. Mit dabei ist ein
Fahnenschwenker, der die ganze Show lang ein rot-gelb-grünes
Banner präsentiert. Eigentlich nicht ganz passend für
den überwiegenden Teil des Programms. Das von Nas und Damian
Marley umworbene neue Produkt „Distant Relatives“
ist nichts für meine Ohren. Einziger hörenswerter und
interessanter Lichtblick der Scheibe ist für mich
„Patience“ – ein Sück ganz
sicher für jedermann, egal aus welchem Fanlager. HipHop Fans
werden die Show natürlich mit ganz anderen Augen sehen, aber
Reggaeliebhaber wird man damit kaum gewinnen können. Zum Ende
der Show kommt noch Julian Marley mit auf die Bühne und mit
einem abgewandelten „Exodus“ von Bob Marley gibt es
noch einen erträglichen Abschluss.







„Reggae und HipHop liegen nicht weit auseinander.“,
so Andrew Murphys Kommentar nach der Show. Für den
morgigen Tag kündigt er nur Toots & The Maytals an.
Das sagt eigentlich schon alles für das kommende Programm. Man
kann ahnen was Andrew bewegt. Er kann nur noch in Erinnerungen
schwelgen. Wo sonst am Sonntag noch viele Highlights auf der Red Stage
zu vermelden waren, sieht es dieses Mal recht mau aus. Neben Toots gibt
es wirklich nur noch Midnite, was die Fans des authentischen Reggae
interessieren dürfte.
Zurück am Zelt dann noch eine böse
Überraschung. Alles ist offen. Unsere Sachen sind
verrückt, Kippen liegen herum und in der Kühltasche
befindet sich Zigarettenasche. Zum Glück fehlt aber nichts,
soweit wir augenscheinlich feststellen. Dafür liegt aber ein
fremdes schmuddliges T-Shirt auf dem Boden. Da war wohl jemand nicht
mehr ganz beisammen. Das geht nun wirklich zu weit. So etwas erleben
wir zum ersten Mal hier. Die nächsten Stunden bleibe ich vor
dem Zelt sitzen, schlafen geht bei dem Lärm sowieso noch
nicht.
Sonntag
– 04.07.2010
Heute haben wir viel Zeit, um uns einmal ganz in Ruhe auf dem Basar und
dem restlichen Gelände umzusehen. All die
„Blumentöpfe …“ des Tages
gönnen wir uns nur lückenhaft aus der Ferne. Ist
natürlich auch mal schön und hat ebenfalls was
für sich. Wir werden erst bei Midnite und Toots ins Programm
einsteigen.



Bild 1 - 3:
Trommelfete auf dem Campingplatz
Bild 5: Die
Knete ist alle. Anstellen am Geldautomat.
Raymond
Wright würde ich ja auch noch gerne
ansehen, aber sein Gastauftritt bei der italienischen Band Smoke war
zu kurz. Jedenfalls habe ich ihn verpasst.


Also geht es weiter
übers Gelände um ein paar Impressionen zu sammeln,
mal irgendwo abhängen und quatschen und ganz entspannt das
Treiben zu beobachten.

















Als die Zeit für Midnite herangekommen
ist, geht es wieder in Richtung Red Stage. Midnite kommt von der
karibischen Insel St. Croix. Das ist die erste Gelegenheit für
uns, diese Band einmal zu sehen. Schwer und langsam fließen
die Riddims dahin und Sänger Vaughn Benjamin prägt
mit seinem melancholischen und zurückhaltenden Gesang ein
völlig neues Klangerlebnis. Emotionen sieht man kaum bei ihm.
Selbst wenn nach jedem Titel der Beifall aufbraust zeigt sich fast nie
eine Regung bei ihm. Nur einmal höre ich ein
zurückhaltendes „Thank you.“ und
„Bless you“. Ein kurzes Lächeln huscht
über sein Gesicht. Zur Bühnenkante kommt er selten,
so als hätte er Angst vor der Massive. Lieber bleibt er in der
zweiten Reihe und möchte nicht vor den anderen Bandmitgliedern
stehen. Geniale Musik, aber sehr langsam. Eigentlich die richtigen
Klänge zum chillen und genießen. Wenn die Band mal
kurzzeitig etwas schneller im Takt wird, geht ein Jubel durch die
Massive. Die Mehrheit würde offenbar auch gerne einmal ein
etwas schnelleres Stück dazwischen haben. Aber diese Einlagen
sind leider immer nur sehr kurz.





Den letzten Act des diesjährigen Summerjams auf der Red Stage
gibt es mit Toots
& The Maytals. Wieder eine Band aus Jamaika und eine
echte Legende. Das Abschlusshighlight des Festivals. Mit ihrem 68-er
Song „Do The Reggae“ wird überwiegend die
Meinung vertreten, dass dies die Geburt des Begriffs
„Reggae“ gewesen sei. Andere wiederum sehen in den
Maytals sogar die Erfinder des Reggae überhaupt, was auch
Toots selbst von sich denkt.
Von Toots und der Band selbst, können wir allerdings nicht
viel sehen. Die Bühnenbeleuchter sind offenbar wieder einmal
„eingepennt“. Toots irrt die meiste Zeit in der
Dunkelheit umher. So etwas darf ganz einfach nicht passieren
– und das zum Abschlusskonzert! Trotzdem bringt Toots die
Massen in Stimmung und hat sichtlich seinen Spaß daran.
Besonders im Dialog mit dem Publikum, welches begeistert mitmacht:
„One Times“, „Two Times“,
„Three Times“, … „Ten
Times“ usw. usf.. Die Massive verzählt sich und
Toots lacht. Irgendwann beginnt dann parallel das wieder
wunderschöne Abschlussfeuerwerk, während Toots noch
weitere Zugaben gibt. Toots oder Feuerwerk - das ist nun die Frage. Am
besten Beides. Ein Bericht zu Toots aus dem Jahr 2009 gibt es hier.










Nach der Show gibt es wie immer Bob Marleys „Redemption
Song“ von Andrew Murphy. Man bringt ihm die Gitarre und
Andrew gibt sein Bestes. Ein bewegender Moment.
Zum Abschluss präsentiert sich auf der Bühne noch
einmal das gesamte Summerjam Team und Andrew sucht nach immer neuen
letzten Worten. Die Jubiläumsfahne wird noch lang und
ausdauernd auf der Bühne herumgetragen, bis auch diese
eingezogen wird.





The Summerjam is over!
Die 26. Ausgabe des Summerjam Festivals wird vom 01. bis zum 03. Juli
2011 wiederum am Fühlinger See in Köln stattfinden.
Nur sehr langsam zerstreuen sich die Massen. Als wir
schließlich wieder am Zelt sind müssen wir
feststellen, dass man sich schon wieder daran zu schaffen gemacht hat.
Es steht wieder offen. Ein paar Heringe fehlen auch. Als ich mit der
Taschenlampe das Zelt untersuche und ein paar Ersatzheringe einschlagen
will, fährt doch plötzlich neben mir ein Arm unters
Schlafzelt und zieht einen mir unbekannten kleinen Sack hervor.
Schleunigst verschwindet der Kerl damit im allgemeinen Trubel des
Weges. Ich bin fassungslos. Hier können wir wohl nicht mehr
unser Zelt aufschlagen.
Montag
– 05.07.2010
Die Nacht ist ungewohnt ruhig verlaufen. Ein Teil der Camper ist auch
schon in der Nacht verschwunden. Am frühen Morgen sind bereits
einige Lücken in der „Bebauung“ des
Geländes festzustellen.


Obwohl wir sehr zeitig dran sind und
die meisten Camper noch auf der Matte liegen, ist die offizielle
Beräumung des Geländes schon in vollem Gange. Da
werden die Toiletten aufgeladen und die Kehrmaschinen rasen auch schon
um die noch parkenden Autos auf dem P2 herum. Das muss nun wirklich
nicht sein. Es gibt ganz sicher genug andere Dinge zu tun. Am Ende ist
das sowieso nur halbe oder sogar doppelte Arbeit.
Wir sehen uns hoffentlich im nächsten Jahr wieder und verpasst
bis dahin nicht die Mitschnitte vom Rockpalast!
Bisherige Sendetermine:
WDR am Montag, 16. August 2010 zwischen 0.30-2:30 Uhr; Gesamtbericht
WDR am Sonntag, 15. August 2010 ab 0:55; zwei halbstündige
Enzelkonzerte
Die aktuellen Sendetermine gibt es hier.
Copyright: Text und Fotos by Reggaestory |
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