|
|
SIZZLA & The Firehouse
Crew - 13.06.2007
– Kesselhaus Berlin
|
|
Nach
etwas Abstinenz ist nun Sizzla
während einer längeren Europatournee auch mit drei
Stationen wieder in
Deutschland zu erleben. Am 13. Juni war Berlin an der Reihe und alle
Fans, die
es verpasst haben,
können sich am 26. Juni noch
nach München, oder am 27. Juni nach Stuttgart aufmachen. Eine
weitere Chance
besteht dann noch beim diesjährigen Summerjam vom 06.-08.
Juli, dessen viel versprechende
Running Order unter www.summerjam.de bereits
angesehen werden kann. Sizzlas erster Auftritt in Deutschland
war im
Jahr 2001, auch beim Summerjam in Köln.
|
Sein zuletzt geplanter
Auftritt für
das Summerjam 2005 musste leider abgesagt werden, da sich Sizzla wohl
nicht
darauf festlegen lassen wollte oder konnte, bei seinem Auftritt auf
schwulenfeindliche Äußerungen zu verzichten.
Aufgrund
des Drucks von nationalen Schwulen- und Lesbenverbänden
mussten in Frankreich
13 von 14 Konzerten der SIZZLA
Tour
2005 abgesagt werden. Letztendlich fiel dadurch die gesamte
Europatournee im
Jahr 2005 ins Wasser. Es kam dadurch sogar zum Ausfall einer ganzen
Reihe von
Festivals wie z.B. das GARRANCE
FESTIVAL in Paris. Dem Sog dieser Debatte
fielen auch noch
weitere große Artists wie Buju Banton und andere zum Opfer.
Inzwischen dürften sich hoffentlich
die Wogen geglättet haben und alle Unstimmigkeiten und
sonstigen
Hinderungsgründe ausgeräumt sein, sonst
könnten wir ja Sizzla immer noch nicht
in Deutschland erleben. Andererseits sage ich mir auch, man sollte auch
mal auf
andere Musikrichtungen achten und nicht nur immer auf den Reggae
einhauen. Da
schwappen selbst auf Sendern wie VIVA und MTV die gruseligsten Ansagen
und
Wortschöpfungen, auch bei deutschen Bands oder Artists, von
der Glotze ins
Wohnzimmer. Aber weiter möchte ich mich nicht in dieser Sache
auslassen, da
wurde bereits in vielen Beiträgen ausreichend darüber
debattiert.
Sizzla Kalonji, der eigentlich
Miguel Orlando Collins heißt, wurde erst am 17.04.1976
geboren und hat bereits
das Wunder vollbracht mehr als 45 Soloalben und über 15
Combination Alben auf
den Weg zu bringen. Die Zahl der Mix-Tapes auf der Straße ist
nicht zu zählen.
Sizzla schneidet dabei verschiedenste Genre vom Reggae an.
Hauptsächlich ist er
jedoch der Dancehall Bewegung zuzuordnen, obwohl man von ihm auch viele
ruhigere und Roots-Reggae Sachen hören kann.
Wir sind äußerst gespannt auf die
aktuelle Show seiner neuen Europa-Tournee. Allerdings fahren wir auch
mit
gemischten Gefühlen nach Berlin. Immerhin kann man diversen
Artikeln entnehmen,
dass Sizzla mürrisch und arrogant sein soll. Interviews soll
er selten geben
und hat wohl generell eher eine Abneigung gegen Journalisten. Sein
langjähriger
Manager und Produzent Philip „Fatis“ Burrell, der
hinter dem erfolgreichen
Label Xterminator steht, soll auch nicht einfach sein. Er gilt als
öffentlichkeitsscheu und mag keine Interviews und
fotografieren möchte er sich
schon gar nicht lassen.
Alles in Allem also keine guten
Voraussetzungen für ein Treffen und eine ordentliche Story.
Aber warten wir..s
ab.
Als wir in Berlin eintreffen bietet
sich im Tourhotel die erste Gelegenheit mit Mitgliedern der Firehouse
Crew ins
Gespräch zu kommen. Die ersten Schutzmechanismen sind bereits
deutlich zu
spüren. Der Sänger der Firehouse Crew will oder darf
wohl nicht wissen, ob
Fatis auch mit auf der Tour ist. „Ja kann sein, dass er in
Deutschland ist,
aber ob er in Berlin ist kann ich nicht sagen.“, meint er nur
dazu. Er
verkündet aber schon einmal, dass er vor dem Auftritt von
Sizzla auch einige
Stücke singen wird. Auf die Frage, ob man denn Sizzla noch vor
der Show einmal
besuchen könnte, lächelt er nur und
schüttelt den Kopf. Etwas später fährt erst
einmal die Crew ins Kesselhaus zum Soundcheck.
Wir können uns noch nicht entscheiden,
ob wir denn nun folgen sollen oder doch noch an einem Treffen mit
Sizzla
arbeiten sollen. Als wir endlich aufbrechen wollen, kommt die Crew
wieder
zurück und mit im Gespann ein Mann, der nach den uns bekannten
Beschreibungen
nur Fatis Burrell sein kann. Er scheint völlig
überrascht zu sein, das ihn
jemand mit seinem Namen anspricht, wo es doch eigentlich gar keine
Bilder von
ihm geben dürfte. Tage zuvor hatte ich schon im Internet
recherchiert und
tatsächlich nur ein einziges Zufallsbild gefunden, was ich mit
viel Mühe etwas
aufgepeppt hatte. Fatis setzt sich zu uns und ist regelrecht
fassungslos über
dieses Foto, was ich in meiner Autogrammvorlage eingearbeitet hatte.
Immer
wieder dreht und wendet er das Bild und will wissen woher ich das habe.
Hätte ich
das erahnt, hätte ich mir die Adresse aufgeschrieben. Fatis
zögert lange meinen
Autogrammwunsch zu erfüllen und würde wohl lieber das
Bild aus der Welt
schaffen bzw. in seine Tasche schieben. Letztendlich schreibt er aber
doch ein
paar Zeilen für mich.
Ein persönliches Foto ist aber
leider auch hier nicht drin. Für ein Treffen mit Sizzla
verspricht er uns
allerdings nach der Show die Gelegenheit einzuräumen, da die
Zeit inzwischen zu
knapp dafür geworden ist. Zufrieden für..s erste
begeben wir uns nun ins
Kesselhaus der Kulturbrauerei.
Anders als bisher gewohnt, wurde
dieses Mal eine Sicherheitsabsperrung vor der Bühne errichtet.
Immerhin ist bei Vertretern der
Dancehall-Fraktion und dazu noch bei einer Größe wie
Sizzla mit einem etwas
anderen Publikum zu rechen.
Mit einer fast zur Regelmäßigkeit gewordenen
Verspätung von
30 Minuten, auf die sich wohl das Publikum auch schon eingestellt hat,
beginnt
die Firehouse Crew ihre Instrumente einzuspielen.
Als schließlich alles perfekt zu sein scheint, wird die
Massive
mit dem World Jam Riddim auf die kommende Show schon richtig
eingestimmt.
Dieser Riddim ist auch ohne Gesang einfach genial und wird von der Band
klasse
rübergebracht. Anschließend beginnt das weitere
Vorprogramm mit der Firehouse Crew und dem von uns vorab gesprochenen
Sänger.
Als schließlich Sizzla angekündigt wird, ist die
Stimmung im
Kesselhaus bereits auf dem Höhepunkt und kein freier Platz
mehr zu erspähen.
Ein freundlich lächelnder Sizzla betritt die Bühne,
wie wir ihn noch gar nicht
kennen. Zeitgleich betritt Fatis die Bühne und gibt letzte
Anweisungen an
Musiker und Technik.
Aber dann beginnt die atemberaubende Show die
Seinesgleichen sucht. Sizzla ist nicht zu bremsen. Er lässt es
gewaltig
„brutzeln“ (aber nichts anbrennen), wie es sein
Name verspricht (engl. to
sizzle - braten, brutzeln). Die Ausdruckskraft, die er in
seine Stücke legt
ist nicht zu überbieten. Trotzdem hat man den Eindruck, als
wolle er ständig
seine eigenen Grenzen noch überschreiten. Zwischen den Titeln
gibt es keine
Pausen und Sizzla hetzt von einem Track zum nächsten. Es gibt
keine Zeit zum
Verschnaufen.
Auch der Drummer George Miller leistet Schwerstarbeit und
entledigt sich bereits nach den ersten paar Titeln seines T-Shirts.
Fatis geht
während der ganzen Show nicht von der Bühne und
hängt geradezu entzückt an den
Lippen von Sizzla. Mimik und Gestik verraten deutlich, dass Fatis jeden
Satz
und jeden Instrumentaleinsatz förmlich im Blut hat. Er achtet
auf jedes Detail
und wenn es noch so klein ist und greift auch selbst während
der Show helfend
mit ein. Man sieht selten einen Produzenten und Manager, der in seiner
Funktion
so aufgeht.
Sizzla ist während der ganzen Show gut gelaunt, lacht immer
wieder
ins Publikum und ist sichtlich zufrieden (oder überrascht),
das er solche Forwards
erhält – und das völlig ohne Battyman-Diss.
Zwischendurch gibt es mal etwas
Unruhe bei Fatis und der Technik. Es wird hektisch am
Bühnenrand und im
Sicherheitsraum nach etwas gesucht. Sizzlas gewaltige Kette mit dem
Löwenkopf
scheint abhanden gekommen zu sein. Jedenfalls ist sie nicht mehr zu
sehen.
Sizzla allerdings macht nicht den Eindruck, als würde er etwas
vermissen und
behält weiterhin seine gute Laune.
Nach der Show erfahren wir, dass die Kette
nicht verlorengegangen sondern nur unter die Kleidung gerutscht ist.
Sizzlas
Show bietet Reggae aller möglichen Spielarten. Der
Roots-Reggae Fan wird sich
über Stücke wie „Simplicity“
besonders gefreut haben, wird aber nicht umhin
kommen auch den Dancehall-Stücken auf Grund von Sizzlas
Performance Respekt zu
zollen. Einfach nur sehens- bzw. erlebenswert. Einzige Verschnaufpause
in der
Show die sich Sizzla gönnt, ist das Stück
„Thank U Mamma“ vom Album „Da Real
Live Thing“.
Nach ca. 1,5 Stunden verlässt der völlig
durchnässte King die
Bühne und Fatis folgt ihm natürlich sofort. Eine
Zugabe gibt es nicht und die
Massive löst sich nur zögerlich auf. Aber man kann es
ihm nicht verdenken. Mir
persönlich ist es sowieso schier unverständlich, wie
man solch eine Leistung
nahezu besessen und ohne Pause aus sich herauspressen kann.
Sizzlas
Techniker Murphy während der Abbauarbeiten
Nach der Show gibt Sizzla
Backstage noch ein Interview und
empfängt einige Fans. Alle Befürchtungen für
diesen Tag haben sich
weitestgehend nicht bestätigt. Sizzla ist nach der Show immer
noch die
Ausgeglichenheit in Person und empfängt uns freundlich und
lächelnd.
Zu späterer (bzw. früher) Stunde ist dann noch ein
Treffen
mit der Soundsystem-Szene für eine Dubplate-Session
vereinbart. Nichts Gutes
ahnend entdecke ich einen angetrunkenen Fan, der sich unter die Szene
gemischt
hat und offenbar von dem Treffpunkt erfahren hat. Als Sizzla erscheint
und mit
uns den Fahrstuhl nehmen will, kommt der erwartete Ausfall des
ungebetenen
Gastes, der Sizzla massiv und lautstark bedrängt. Zum
Glück ist Fatis sofort
zur Stelle, der mit seiner keinen Widerspruch duldenden Statur, den
Eindringling aus dem Weg und nach Draußen schafft.
Wer Fatis hat braucht keinen Bodyguard! Inzwischen ist es
gegen 3:00 Uhr morgens als die Session in die Gänge kommt und
leider kurz
danach wieder abgebrochen werden muss.
Sizzla hatte während der Show alles gegeben was er konnte,
was nun seinen Tribut fordert. Der Zustand seiner Stimme hat sich
leider
verschlechtert, was die Herstellung guter Plates nicht mehr
zulässt. Sizzla
muss sich daher zum Leidwesen der Anwesenden, nach einigen Versuchen
verabschieden und die Sounds auf ein nächstes Mal
vertrösten. Das ist auch für
uns das Signal zum Aufbruch.
Und wieder ist eine lange Reggae-Nacht zu Ende gegangen, die
sich besser als erwartet gezeigt hat. Da ändert auch die
geplatzte Session
nichts daran.
Copyright:
Text und Fotos by Reggaestory
Mein
besonderer Dank
geht an das Berliner Kesselhaus, Thorsten von der Contour Music
Promotion GmbH,
City Lock, Manager Philip „Fatis“ Burrell und
natürlich Sizzla Kalonji selbst. |
Zurück
|
|
|