Für
alle die am 16. Januar „keine Zeit“ hatten, das
Rebel
Salute im Port Kaiser Sports Club in Jamaica zu besuchen, brachten und
bringen
Tony Rebel und Fyah Muma Queen Ifrica, nun etwas Sonne und Feuer in das
unterkühlte Deutschland. Au verdammt, ich muss vorsichtig sein
mit Wörtern wie
„Fyah“ oder „Feuer“, sonst
denken bestimmte Leute womöglich noch, die Beiden
fehlen noch auf deren schwarzer Liste. Aber keine Sorge, Tony Rebel und
Queen
Ifrica sind bekannt für garantiert gewaltlose Lyrics, soweit
es die
gegenwärtige Homophobie-Debatte betrifft. Dementsprechend
konnte man auch ganz
entspannt die Konzerttermine auf sich zukommen lassen.
Auf der Liste der
„Montego Bay Tour 2010“ kann man bisher 20
Locations quer durch Europa finden. Ende Januar ging es in Holland los
und über
den Umweg Schweden schloss sich Deutschland mit 3 Stationen, wie
Köln, Berlin und
Hamburg an. Dann haben sie der größten
Kälte erst einmal den Rücken gekehrt und
konnten sich in Spanien für einen Gig ein klein wenig
aufwärmen. Nach Frankreich
und der Schweiz geht es dann für 5 Stationen nach Italien.
Über Slowenien und noch
einmal Frankreich, kommen sie dann am 25. Februar zurück nach
Deutschland. Wer
die ersten drei hiesigen Konzerte verpasst hat, kann sich nun noch auf
den Weg
nach München, Darmstadt oder am 27. Februar zur Jamdown
Party nach Dortmund
aufmachen, wo es gleich noch Eek A Mouse als Zugabe gibt.
Auf biographische Daten
zu Queen Ifrica und Tony Rebel muss
man nicht weiter eingehen. Das wäre Holz in den Wald getragen,
wie man so schön
sagt. Dem Fan ist längst alles bekannt, und wer sich doch noch
informieren muss,
sei auf die üblichen Quellen im www verwiesen.
Am 04. Februar 20010,
hatten wir schließlich wieder einmal
die Gelegenheit die Beiden live zu erleben. Ziel unseres Ausflugs war
das
Berliner YAAM.
Als Tourmanagement
für hiesige Gefilde war und ist die Contour
Music Promotion GmbH verantwortlich.
Hier ein paar
Eindrücke des Abends aus dem Berliner YAAM.
Brandenburg befindet sich
noch voll im eisigen Griff des
Winters. Vorsichtshalber haben wir neben heißen
Getränken noch ein paar Decken
ins Auto gepackt – man kann ja nie wissen, was einem auf der
langen Fahrt so
alles blüht. Die letzten Tage waren die Temperaturen zwar
nicht mehr im
zweistelligen Minusbereich und manchmal gar schon über 0, aber
Berlin sieht
trotzdem nicht gerade einladend aus. Die Fußwege entlang der
Mauer an der East
Side Gallery, die auf unserem Wege liegen, sind zu einer buckligen
Eispiste mutiert.
Der PKW-Parkstreifen ist teilweise nicht mehr auszumachen und manche
Autos bis
zu den Scheiben mit Schnee und Eis zugeschoben. Einzelne freie
Parkflächen
sehen aus wie Fächer eines Setzkastens, die wir für
unser Auto lieber nicht benutzen.
Ein Pulk Touristen torkelt und rutscht an der Mauer entlang, als
hätten sie
X-Promille geladen. Bei uns wird es nicht besser aussehen, und wir sind
froh
als wir das YAAM erreichen und die ersten Reggaeklänge
hören. Schnell ist der
Winter hinter uns gelassen und die karibische
Sonne geht auf. Barney
Millah sorgt
für die entsprechende Aufwärmphase, vor dem noch
spärlichen Publikum. Aber es
ist noch viel Zeit bis zum Beginn der Show.
Als Backing Band wird heute die C-Sharp Band am
Start sein, die wir
schon mehrfach erlebt haben und die auch den letzten gemeinsamen
Auftritt von
Queen Ifrica und Tony Rebel hier in Berlin unterstützt haben.
Hoffentlich fragt
mich die Band nicht nach ihrem Bericht. Die Anfrage von Hugh Hoilett,
der sich für
die Band um diese Dinge kümmert, wartet schon seit November
auf Erledigung.
Allerdings liegt mir auch noch nicht das komplette abgestimmte Material
vor.
Trotzdem habe ich ein wenig schlechtes Gewissen, als ich die Band im
Backstage
aufsuche. Aber sie bewegt völlig andere Probleme. Sie haben
sich den kleineren
Raum des Backstagebereiches als Domizil ausgesucht, weil darin ein Ofen
volle
Kanne vor sich hinbullert. Trotzdem wollen sie sich immer noch nicht
von ihren
dicken Sachen trennen und haben nur Sorge, dass ich so schnell wie
möglich
wieder die Tür zwischen ihnen und den deutschen Winter bringe.
Hier ein kurzes Video zum
Kennenlernen der Bandmitglieder:
Nach und nach
füllt sich das YAAM und auch das „Who Is
Who“
der „Berliner“ Reggaeszene wird immer zahlreicher.
Rebellion The Recaller,
Black Dillinger, Vido Jelashe, Puma (LP International), Michael Panzer
(Supersonic), Ulli Güldner (Riddim-Autor), Ganjaman
….. und viele Andere, wollen
sich den heutigen Auftritt von Queen Ifrica und Tony Rebel nicht
entgehen
lassen. Nach 21:00 Uhr trifft dann auch Queen Ifrica und
Backgroundsängerin
Nikki Burt mit dem Taxi ein. Das Taxi muss fast mitten auf der
Straße halten,
da die winterlichen Randbedingungen eine bessere Zufahrt einfach nicht
gestatten. Die Beiden sind nicht zu beneiden, wie sie die letzten 20
Meter bis
zum YAAM, verhüllt in wenig schützende
Tücher, über Schnee- und Eisbuckel
balancieren. Aber dann ist das hiesige Management zur Stelle und
geleitet sie sicher
nach Backstage. Das ist das Signal für mich, nun die
Bühnennähe im Auge zu
behalten.
Das YAAM ist inzwischen mit über 350 zahlenden Gästen
(Angabe des Veranstalters) gut gefüllt. Gegen 22:00 Uhr ist es
dann schließlich
so weit. Es quillt gerade passender Weise das grandiose
„Love´s Contagious“ von
Tarrus Rileys hoch gelobten neuen Album
„Contagious“, auf dem Bob Marley Riddim
„Coming In From The Cold“, aus den Boxen, als die
Band ihre Plätze einnimmt.
Barney „Killah“ Millah bekommt von der
Bühne her, mit dem Cut am Hals, das
unmissverständliche Zeichen übermittelt, dass
für ihn nun Schluss ist. Die
C-Sharp Band spielt sich nahtlos mit diesem Riddim ein und bekommt so
den
perfekten Übergang zur Live-Show hin. Echt Klasse!
Kurz darauf wird Fyah Muma Queen Ifrica angekündigt, die
sofort mit einem Tune von ihrem neuen Album „Montego
Bay“ gewohnt energisch
loslegt.
Die Queen ganz im sommerlichen Outfit, dieses Mal zwar nicht
ganz barfuß, aber immerhin noch in einem fast nichts an
silberfarbenen
Sandalen. Das übrige Outfit besteht aus einem schwarzen
Hosenanzug, verarbeitet
mit 6 silbernen Reißverschlüssen im
Hosentaschenbereich, und einer offenen
schwarzen Bluse, die ebenfalls mit silbern funkelnden Knöpfen
besetzt ist. Auch
ihr eng geschnürter Turban besteht aus einem schwarzen Tuch.
Als Schmuck trägt
sie nur ein breites Lederarmband mit vielen großen silbernen
Ösen, sowie einen
silbernen Ring mit großem Stein. Auch das Leder und der
Ringstein sind wiederum
in schwarz gehalten. Neben der Band wird Queen Ifrica begleitet von der
Backgroundsängerin Nikki Burt und dem Leadsänger der
Band, Chevaughn Clayton,
der ursprünglich als Drummer seine musikalische Laufbahn
begann. Nikki
Burt ist
in ihrem pinkfarbenen Kleid die auffälligste Erscheinung auf
der ansonsten
recht dunklen Bühne. Farbig abgestimmt zum Kleid
trägt sie noch große pinkfarbene
Ohrringe und Armreifen. Eine goldene Kette mit einem interessanten
Anhänger, in
der Form von zwei goldenen Flügeln, rundet das Outfit ab.
Queen Ifrica heizt der Massive ungefähr eine Stunde lang ein
und beruhigt zwischendurch immer wieder mit sanfteren Tönen.
Es ist immer
wieder erstaunlich wie sich ihr Style und Stimme von einem Takt zum
anderen, völlig
verwandeln kann. Gerade noch melodisch mit wohlklingender Stimme
verwöhnt, wird
man von einer Sekunde zur nächsten mit barscher rauer Stimme
aus den Träumen
gepeitscht und in die Dancehallsphären getrieben, um kurz
danach in einen energischen
Modern-Roots-Reggae Style zu verfallen. Alles perfekt ausgewogen, damit
es
keiner Fangemeinde zu viel wird. Das macht Queen Ifrica oder Fyah Muma
aus.
Ihre beiden Alben „Fyah Muma“ und
„Montego Bay“ lassen das den Hörer sehr
gut
nachempfinden.
Queen Ifrica
präsentiert einen guten Querschnitt daraus. „Natty
Fi Grow“ (Fyah Mumah), „Lengthen My Days“
(Fyah Muma), „Lioness On The Rice”
(Montego Bay), „Sensimina” (Fyah Muma),
„Welcome To Montego Bay” (Montego Bay)
und viele Andere, nur um einige Stücke beim Namen zu nennen.
Vom neuen Album
dürfte „Lioness On The Rice“, das beste
und einprägsamste Stück sein. Neue Kracher nach dem
Style eines „Wipe The Tears“ oder
„Natty Fi Grow“, gibt es allerdings nicht auf dem
neuen Album.
Mit „Wipe The Tears“ oder auch
„Genocide“ (Fyah Muma) gibt
es dann den feurigen Abschluss ihrer Show. Irgendwie scheint aber etwas
anders
zu sein. Die Massive geht nicht mehr so ab wie früher, und die
Queen hat
offenbar auch ihr Feuer schon ein klein wenig zurückgedreht.
Zumindest ist die
Wirkung und Präsentation nicht mehr so, wie ich das von
früheren Auftritten her
kenne.
Live
Video:
Natty Fi Grow + Below The Waist
Live
Video:
Lengthen My Days + Lioness On The Rise
Live
Video:
Sinsemilla + ...
Live
Video: Wipe
The Tears
Ohne Pause geht es weiter
und die lebende Legende Tony Rebel
wird angekündigt. Zur Einleitung gibt es einen Instrumentalmix
der C-Sharp
Band, der an einige große Hits von Tony Rebel erinnert und
bei der Massive die
Vorfreude weiter anwachsen lässt. Dann betritt Tony gefeiert
die Bühne und
beginnt seine Show.
Auch Tony Rebel ist dunkel gekleidet mit graugrünem Hemd und
Schirmmütze, sowie einer blauen Jeans. Einziger Farbtupfer
sind seine
rot-gelb-grünen Turnschuhe. Einziges Schmuckelement ist sein
silberner Armreif,
den man eigentlich schon immer sieht, soweit ich zumindest
zurückblicken kann.
Tony Rebel kann aus einem reichhaltigen Schaffen für seine
Show schöpfen und
wird kaum alle Gemüter zufriedenstellen können. Hier
nur eine kleine Auswahl von
Albumcovers zur Erinnerung und Empfehlung.
Auch Tony Rebel
überzeugt mit wechselhaftem Style der
überwiegend in Richtung Roots-Reggae mit Dancehallpassagen und
einzelnen
Instrumentalsolis geht. Die C-Sharp Band ist in Höchstform.
Wobei Drummer
Randevon Randy Patrick energiegeladen und lachend seine Drums
bearbeitet, steht
Gitarrist Lamont Monty Savory ein wenig emotionslos daneben. Aber das
täuscht –
seine Einsätze und Solis, die Tony Rebel extra ins rechte
Licht rückt, sind
einfach nur genial. Zum Ende der Show hin kann sich Lamont sogar
endlich entscheiden,
seine Strickmütze abzunehmen und die Dreads zu zeigen.
Auch Bassist Aeion Yaaka Hoilett wird von Tony an die
Bühnenkante navigiert um sein Soli der Massive zu
präsentieren. Hits wie
„Hypocrites“ (Realms Of Rebel), „Sweet
Aroma“ (I Rebel) und viele Andere sind
ganz nach meinem Geschmack. Bei „Fire“ bekommt auch
Leadsänger Chevaughn
Clayton von C-Sharp seinen Soloeinsatz. Tony rockt
unaufhörlich die Massive und
ein Hit jagt den nächsten. Zwei Tage vor Bob Marleys 65.
Geburtstag darf
natürlich auch seine Musik im Programm nicht fehlen. Tony
Rebel stimmt
„Heathen“ an, bei dem er in der Folge in
„Chant Down Babylon Kingdom“
überwechselt. Ohne Kommentar – einfach nur
schön!
Ein
paar Stücke
später dann - “A La La
La La Long”
(Inner Circles – Sweat). Nun dass muss vielleicht wirklich
nicht sein. Tony
Rebel ist die gegenwärtige Homophobiedebatte und der
Ärger um abgesagte
Konzerte hier in Deutschland bekannt, aber ganz so
weichgespült wird uns die
Reggae-Zukunft in Deutschland hoffentlich nicht diktiert werden.
Weiter geht’s wieder energischer mit „Highly
I“, und Tonys
Hemd wird sichtlich immer dunkler.
Mit „Jah Is Standing By My Side“ (If Jah + Jah Is
By My
Side) geht es schließlich in die Endrunde. Jetzt bekommt auch
das Publikum
seinen Einsatz und wird von Tony aufgefordert mitzusingen. Auch
Backgroundsängerin
Nikki Burt liefert ihren Soloeinsatz ab. Nikki Burt ist auch schon
durch
gemeinsame Tunes mit Bushman („Lonely“) und
Alborosie („Take A Little Time“)
bekannt geworden.
Live Video: Jah Will Never Let Us Down + Hypocrites
Live Video: Fire + Sweet Aroma
Live Video: If Jah
Live Video: Alle zusammen - Forever Loving Jah
Dann kommt Bob Marleys „For Ever Loving Jah“ als
grandioser
Abschluss. Es wird keine Zugabe geben. Wenn dieses Stück in
Tonys Show gespielt
wird ist definitiv Schluss. So war es zumindest bisher. Hier laufen
alle
Artists noch einmal zur Höchstform auf. Ein Finale das
Seinesgleichen sucht.
Man muss es gesehen und gehört haben. Tony Rebel, Queen
Ifrica, Nikki Burt,
Chevaughn Clayton, Lamonts beeindruckende Gitarrenklänge und
natürlich die
gesamte C-Sharp Band. Klasse!
Das Ende ist wirklich wieder endgültig und Barney Millah
bekommt von der Bühne her das Zeichen seinen Sound wieder
anzuwerfen, um die
Massive auf andere Gedanken zu bringen.
Nach über zwei Stunden geht wieder eine vortreffliche
Live-Show in die Geschichte des Berliner YAAM ein.
Bei unserem nachfolgenden
Backstagetermin, können wir Tony
Rebels und Queen Ifricas grenzenloser Geduld beiwohnen.
Es gibt noch viel zu tun, obwohl sich ein angemeldetes
Interview wegen Versagens der Aufnahmetechnik zerschlagen hat. Ich will
helfen
und biete mich an, das Interview per Video aufzunehmen, aber das ist
Tony dann
doch irgendwie zu viel. In der Enge des kleinen Raumes und den
inzwischen
eingetroffenen weiteren Gästen, wird das alles zu
unübersichtlich. Signier- und
Fotowünsche der Anwesenden sind schon umfangreich genug. Dann
packt auch noch
ein Bandmitglied ein Stapel Poster aus und die Signierrunde beginnt von
vorn.
Die passenden Riddim Magazine dürfen natürlich auch
nicht
fehlen. Rein vorsorglich hatte ich die mitgenommen und muss nun
höllisch
aufpassen, dass sie nicht verschwinden. Immer wieder muss ich sie,
sträflich
zusammengerollt, unter irgendeinem Arm hervorziehen und zurück
erobern. Das
Gleiche mit den Signierstiften, die auch irgendwann verschwinden wenn
man nicht
aufpasst. Immer wieder kommen Leute, die völlig unvorbereitet
ein Autogramm
möchten, aber weder einen Stift, noch ein Foto oder irgendein
Albumcover bei
sich haben.
Bild 1
+ 2: Queen Ifrica
+ Tony Rebel am 11.10.2006 in der Berliner Kulturbrauerei
Bild 3 + 4:
Tony Rebel +
Queen Ifrica am 12.10.2006 in Berlin bei der Dubplate Session
Als sich
schließlich der Knoten im Backstage aufgelöst hat,
ist eine knappe Stunde vergangen. Für Tony Rebel und Queen
Ifrica ist aber
immer noch nicht Feierabend. Jetzt gilt es noch die Anfragen
für Dubplates von
diversen Sounds zu erfüllen, was natürlich auch ein
willkommener
Zusatzverdienst für die Artists ist. „Die Nacht ist
zum Arbeiten und der Tag
zum Schlafen da!“, sagt Tourmanager Thorsten und lacht.
Dieses Mal beteiligen
wir uns aber nicht daran. Wir verabschieden uns und Tony macht sich mit
meinem
Video unter dem Arm, von seinem letzten Berliner Aufenthalt, auf den
Weg.
Und zum Abschluss hier
noch ein paar persönliche Worte von
Tony Rebel und Queen Ifrica.
Copyright:
Text und
Fotos by Reggaestory
Mein
besonderer Dank geht an Lena und das YAAM Team, Tourmanager
Thorsten von Contour und natürlich Queen Ifrica, Tony Rebel
und die C-Sharp
Band.