Himmelfahrt
im YAAM.
Zeitiges Kommen war angemahnt. Einlass 19:00 Uhr und
pünktlicher Beginn für
20:00 Uhr war angekündigt. Gut gemeint das Ganze, aber die
Rechnung war
offenbar ohne die Berliner Reggae-Szene gemacht. So richtig glauben
wollte das
offenbar niemand – außer mir natürlich,
der kein Risiko eingehen wollte und
einige andere Fans, die man an Händen und
Füßen abzählen konnte. 20:00 Uhr war
somit noch nicht im Traum daran zu denken, mit den paar Leuten die Fete
zu
starten. Während drinnen im hell erleuchteten und
menschenleeren Saal die Dub Akom
Band noch am Soundcheck schraubte, wärmten sich
draußen die Gäste lieber an der
Feuertonne.
Hier ein paar
Eindrücke zu den nachfolgenden Stunden.
Für Ganjaman,
der am heutigen Abend als Selecta und MC durchs Programm
führen soll, eine undankbare Aufgabe die
„Massive“ mit seinem Warm-Up in die Gänge
zu bringen. „Seid ihr alle daaaa ...?“,
bemüht sich Ganjaman um die paar Leute –
natürlich nicht, und das Echo ist kaum
hörbar.
Was wäre nur, wenn wie ursprünglich geplant zwei
Reggae-Events in unterschiedlichen Locations stattgefunden
hätten? Denn Calabash
und YAAM gehen heute Abend gemeinsam an den Start, um sich nicht
gegenseitig
die Besucher zu nehmen. Der Programmablauf ist dementsprechend
vielseitig
aufgestellt. Ras
Donovan mit der Dub Passport Band
sollte schon längst begonnen haben. Wegen der wenigen
Gäste kann er aber noch
ganz entspannt draußen am Tresen stehen und die Entwicklung
der Besucheranzahl
im Auge behalten. Bis gegen 21:30 Uhr muss sich Ganjaman daher noch
abmühen, damit
dann der Auftritt von Ras Donovan und der Dub Passport Band
gerechtfertigt ist.
Ras Donovan hat noch einen
afrikanischen Gastsänger im
Programm. Anfangs noch mit Mütze, lässt er
später seine schönen Dreads fliegen
und passt sich gut in Donovans Auftritt ein. Wer dieser Artist nun
eigentlich
war, kann ich auch im Nachhinein nicht herausbekommen.
Dann gibt es mit Junior
Banton einen weiteren Special Guest und mit Hornsman
Coyote an der Posaune den ersten Knaller des Abends. Hornsman
strahlt grenzenlose
Ausgeglichenheit und Liebenswürdigkeit aus, und seine
Einsätze sprechen für
sich.
Hornsman Coyote stammt aus Serbien und ist schon durch gemeinsame
Aufnahmen mit Earl 16, Tony Tuff und anderen Artists bekannt geworden.
Zahlreiche Auftritte mit diversen Backing Bands und namhaften Artists,
in den
unterschiedlichsten Ländern, standen in den letzten drei
Jahren auf dem
Programm.
Gegen 22:30 Uhr verlassen dann Dub Passport und Ras Donovan
wieder die Bühne. „Seid ihr bereit für Jah
Mason!?“, übernimmt Ganjaman das
Mic. Jetzt ist das Echo schon bedeutend angemessener. „So in
30-40 Minuten
schätze ich.“, ergänzt Ganjaman und setzt
gemeinsam mit Junior Banton das
Programm fort.
Die 30-40 Minuten ziehen sich in die Länge und nach
mehrmaligen Ankündigungen von Ganjaman: „In wenigen
Minuten ...“ und „In nur
noch ganz ganz wenigen Minuten ...“, ist fast das letzte Echo
aus der Massive
verstummt. Aus Ganjamans Programmführung wird ein ausgedehnter
Live-Auftritt,
und er versucht das Beste, um die Leute bei Laune zu halten. Dann gibt
es mit Ras
Mandingo oder auch Mandingo
Warrior mit energischer Stimme auf dem Burning Bush Riddim,
ein weiteres kleines
Highlight. Ganjaman unterstützt ihn kräftig dabei.
Gut, dass es immer mal
wieder einen Special Guest gibt, der zur Programmvielfalt
beiträgt.
Dann kommt Ashraf und gibt vom Bühnenrand her Zeichen in
Richtung Ganjaman. Aha, jetzt geht es offenbar gleich mit Jah Mason
weiter.
Aber was ist das? Sehe ich richtig? Er macht die Hände auf und
zu, was sage und
schreibe 25 oder 30 Finger ergibt!? Das darf doch nicht wahr sein.
Neben der
Massive ist Ganjaman am meisten zu bedauern, der nun die unangenehme
Aufgabe
hat, die Leute weiterhin zu vertrösten, die sowieso heute
Abend nicht so recht
bei Stimmung sind. Offenbar hat ein großer Teil schon
tagsüber den Männertag
kräftig gefeiert und so bereits viel Schwung verloren.
Ganjaman zieht sich hinter die Regler zurück, spielt nun ein
paar seiner Lieblingsstücke und verzichtet auf weitere Live
Auftritte.
Gegen 23:30 Uhr ist es dann schließlich so weit. Die Dub Akom
Band
spielt sich warm und Jah
Mason betritt endlich die Bühne. Die Stimmung der
Massive wird nun wieder etwas
besser, ist aber lange nicht so gut wie gewohnt.
Jah Mason tritt mit
gewohntem Turban auf, in den Farben grün
bis violett und einem schlangenähnlichen Muster darauf.
Weiterhin trägt er ein
violettes Hemd und darüber einen karierten Westover mit den
Farben schwarz,
grau, weiß und wiederum violett. Dazu hat er eine blaue Jeans
angezogen, dessen
Hosenbeine ein Stückchen hochgekrempelt sind. Die nicht
zugeknöpften Hemdsärmel
geben den Blick auf eine schöne Uhr und auf ein beeindruckend
gestaltetes
goldenes Armband frei. Zwei prächtige Ringe, einer davon als
Löwenkopf
gestaltet, runden sein Outfit ab.
Jah Mason, der bürgerlich André Johnson
heißt, kommt aus
Jamaika und bekennt sich seit seiner Jugend zu Rastafari. Geboren wurde
er
1970, manche sagen aber auch 1972 oder 1973. Eine Frage, die nur Jah
Mason
selber aufklären kann. 1991 brachte er seine erste Single mit
„Selassie I Call We“
heraus. Das erste Album „Keep Your Joy“ folgte
2002. International bekannt
wurde er allerdings erst um das Jahr 2004 herum. Seit dieser Zeit ist
sein
musikalisches Schaffen enorm, und er kann auf einen respektablen Fundus
für
seine Show zurück greifen.
Hier nur ein paar wenige
Beispiele:
Bild 1 + 2: Wheat And Tears
Bild 3:
Princess Gone
Bild 4 + 5: Live Is Just A
Journey
Überwiegendes
Thema seiner Show ist das heilige Kraut. Hits
wie „Mi Chalwa“ (Wheat And Tears) oder
“High Grade” dürfen dabei
natürlich
nicht fehlen. Jah Mason gibt der Massive zum Besten, was für
ihn die erste
Sache bei seiner Ankunft in Berlin war. „I told
the promoter, where is my weed – my high grade!?”
Weiter geht´s
unter Anderem mit Tunes wie “Can´t live my life
without Jah”, „Smoke“ und „Run
come love me”.
Jah Mason gibt sich
vielseitig. Überwiegend energisch,
ähnlich im Style eines Capleton, dann wieder melodisch und
manchmal auch mit
hoher hauchender Stimme, dass man denken könnte eine
Backgroundsängerin ist
irgendwo versteckt.
Das größte Echo aus dem Publikum gibt es dann bei
“My
princess gone”. Die Feuerzeuge gehen an und die Massive ist
erstmalig auf dem
„Höhepunkt“ des Abends.
Unter den Gästen
befinden sich unter Anderem auch Ricky
Trooper und Puma,
die sich in der für den 22. Mai angekündigten
Dancehall Night, im YAAM
präsentieren werden (Im Rahmen der über drei Tage
andauernden Caribbean
Invasion Party 2010).
Es folgen weiterhin Titel wie „Got to pay the
price“ und mit
dem „Wipe Out Riddim“ gibt es noch einmal einen
kleinen Höhepunkt der Show.
Als dann irgendwann Jah Mason die Bühne wieder
verlässt, ist
der Massive nicht ganz klar, ob das nun wirklich das Ende ist. Eine
richtige
Verabschiedung höre ich auch nicht.
Als dann aber kurz danach Dub Akom die Koffer packt und Jah
Mason aus der Konserve eingespielt wird, ist es leider wieder einmal
endgültig.
Live Video:
Konzertmix Jah Mason
Aber es soll ja noch
weitergehen. Mit Aidonia
wird es noch einen Dancehall Teil geben, den wir natürlich
auch noch mitnehmen.
Die Nacht ist zwar schon weit fortgeschritten – aber wenn wir
schon einmal hier
sind.
Da es mit Sicherheit
wieder etwas dauern wird, bevor es auf
der Bühne etwas zu sehen gibt, werden wir inzwischen Jah Mason
besuchen. Im
Backstagebereich sind neben ihm, auch das Management Pamojah
Entertainment,
einige Sounds, Mandingo, Vido, diverse andere Artsits und auch Aidonia
versammelt.
Die Wartezeit auf Aidonia wird sich also nicht so in die
Länge ziehen wie bei Jah Mason. Er ist gut gelaunt und die
Foto- und
Autogrammwünsche der Anwesenden werden in aller Ruhe
abgearbeitet. Ein paar
Cover zum signieren habe ich auch dabei. Auf meine Frage, wie viele
Alben es
inzwischen geworden sind, antwortet er mit 17. Es ist schon
beeindruckend -
innerhalb von 8 Jahren 17 Alben heraus zu bringen! Die Frage zur
Aufklärung
seines Geburtsdatums vergesse ich leider.
Dancehallqueen
Sweety,
die sich auf ihren Auftritt mit Aidonia vorbereitet, sorgt mit einigen
geübten Posen
schon einmal für Aufmunterung. Ja hierzulande muss man eben
entsprechende
Tänzerinnen engagieren – in Jamaika wäre
das natürlich eher nicht nötig.
Als Aidonia den
Backstagebereich verlässt, wird es Zeit ihm
in Richtung Bühne zu folgen. Dort ist die Show inzwischen
schon wieder in
vollem Gange. Aber es ist noch nicht Aidonia. Suhverto
heißt der Mann, der für Aidonia das Vorprogramm
schon einmal begonnen hat.
Begleitet wird das Ganze vom Talawah
Soundsystem.
Bald darauf kommt auch Aidonia auf die Bühne. Jetzt gibt es
Dancehall pur. Stimmlich ist er nicht weit weg von Bounty Killer, der
auch sein
Idol ist. Aidonia ist auch einer der am meisten gefragten Dancehall
Stars von
Jamaika. Am 06.04.1981 wurde er als Sheldon Aitana Lawrence geboren und
begann
bereits im Alter von 12 seine eigene Lyrics zu schreiben. Mehr zur
Biography gibt es auf seiner Website.
Aidonia trägt zwei Ketten mit schweren silbernen Kreuzen um
den Hals. Dazu noch ein massives Armband, Ringe und Ohrringe. Gekleidet
ist er mit
einem schwarzen Hemd und dunkelblauen Jeans, so dass der Schmuck noch
besser
zur Geltung kommt. Er muss aufpassen, dass dieser während der
Show keinen
Schaden nimmt.
Anfangs verbirgt er seinen Blick noch hinter einer dunklen
Brille, die er später dann aber abnimmt.
Hier zwei offizielle Videos mit Aidonia.
Evil
Head / Isaiah
Ah
You / Gal Don´t Bawl
Dann kommt der Auftritt
von DHQ Sweety, die vor der Bühne
der Massive richtig einheizt. Sie hat es echt drauf. Leider kann es ihr
niemand
gleich tun, und es bleibt bei einer Einzelshow.
Aidonia steigt dann natürlich von der Bühne, um
gemeinsam
mit Sweety die Sache zu perfektionieren. Vorher legt er
sicherheitshalber
seinen schweren Schmuck ab und übergibt ihn seinem Management.
Hat er nun Angst
vor Dieben in der Massive oder ist der Schmuck nur zu hinderlich?
Danach geht
es auf der Bühne weiter und Sweety lässt zu ihrem
Dance die Haare kreisen. Da
gibt es nichts zu meckern - eine echte DHQ.
Live Video:
Concert Snippets - Aidonia & Suhverto
Zum Abschluss geht es
noch einmal gemeinsam mit Suhverto
unter die Leute, aber die wenigsten der Gäste fühlen
sich im Stande so richtig
mit zu ziehen. Das YAAM ist heute eben schwer in die Gänge zu
kriegen.
Inzwischen zeigt die Uhr schon 2:00 Uhr morgens an. Als Aidonia
und Suhverto ihre Show dann beenden, ist aber immer noch nicht Schluss
– von
wegen, heute einmal zeitiges Ende.
Ehe wir uns richtig lösen können und den Nachhausweg
antreten, ist es bereits nach halb 3 geworden.
Den weiteren Verlauf und das endgültige Ende der Fete mit
den Soca
Twins loten wir lieber nicht mehr aus.
Trotzdem hat es sich wieder einmal mächtig gelohnt. Auch
wenn es zwischendurch ein paar Geduldsstrecken gab. Dank Ganjamans
unermüdlichem
Einsatz und diverser Special Guests, war aber auch dies keine verlorene
Zeit.
Copyright:
Text und Fotos by Reggaestory
Mein
besonderer Dank geht an Lena
und das YAAM Team und an die vielen Akteure des Abends.